Preview zur Transalp-Tour 2000 mit Eckdaten, Etappenplanung und Fotos

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1. Tag: Oberstdorf - Schrofenpaß - Lech - Warth - Flexenpaß - Arlbergpaß - St. Anton
Stats: 62,31 km - 12,71 km/h AVS - 4:54 h (10.00 - 17.45) - 65,4 km/h MAX - +1650 hm
Nach einem stressigen Anreisetag haben wir immerhin noch knapp 8 Stunden Schlaf getankt, bevor es mit den guten Wünschen unserer Gastgeber auf zur ersten Etappe geht. Leichter Nieselregen begleitet uns schon zu Beginn und kaum, dass wir den wahrscheinlich recht idyllischen Freibergsee schnaufend erreichen, kommen sintflutartige Regenfälle auf uns runtergeprasselt. Vom See ist somit nicht viel zu sehen ... Unser Weg über Birgsau und Einödsbach ins Rappenalptal entpuppt sich als weitestgehend geteerter Weg mit moderater Steigung. Einzig und allein das ständige Wechseln der Klamotten aufgrund des unberechenbaren Wetters nervt (mal ist es zu warm, mal zu kalt) ... Bei einer kleinen Brotzeit an der Schwarzen Hütte ziehen insgesamt 11 Biker an uns vorbei, die, wie sich später herausstellt, zum Teil auf identischer Route wie wir zum Gardasee wollen. Nach erneutem Umziehen erreichen wir schließlich die Speicherhütte, von der es nur noch schiebenderweise bzw. tragend weiter hinauf zum Schrofenpaß geht. Der Anfang des Weges ist durch die Regenfälle der vergangenen drei Wochen total morastig - und so was nennt sich Sommer ... Tim schiebt sein Bike, während ich mir meines quer über die Schultern lege, und als wir uns nach knapp 5 Minuten an einer kniffligen, weil rutschigen Bachüberquerung wieder treffen, sieht Tim ein, dass Tragen doch die deutlich bessere Alternative gewesen wäre: Seine kompletten Felgen, seine Kette samt Schaltwerk sowie seine Maguras sind von einer dicken schlammartigen Masse überzogen! Ein kurzes Bad des Bikes im Wildbach löst den gröbsten Dreck, aber die Kette sieht alles andere als gut aus ...

Das nächste Stück des Weges kenne ich schon aus diversen Berichten aus dem Internet, so dass ich mich auf dem schmalen, abschüssigen Pfad recht vorsichtig bewege. Am Einfachsten ist es, falls schieben nicht mehr geht bzw. man sich dabei zu unsicher fühlt, das Bike links zu schultern. Rechts geht zwar notfalls auch, ebenso wie quer, jedoch sollte man dann genauestens schauen was Lenker, Laufräder und Sattel machen. Einmal irgendwo am Hang angeeckt und man fällt schneller als man denkt in die Tiefe! Die Überquerung einer etwa 10 m langen Eisenleiter, die über einen Abgrund führt, läßt noch mal ein wenig Abenteuerstimmung aufkommen und schon kurz darauf sind wir an der Paßhöhe(1687 m). Der Downhill nach Warth fällt komplett ins Wasser, da der Weg aufgrund tiefer Schlammlöcher, glitschiger Felsen etc. so gut wie gar nicht fahrbar ist. Laut Wegweiser haben wir noch knapp 27 km auf Asphalt bis St. Anton vor uns, doch die zwischenzeitliche halbstündige Schönwetterphase hat sich inzwischen zum kompletten Gegenteil umgekehrt. Es schüttet ununterbrochen, während wir anfangs noch im Pulk von 6 Bikern die Bundesstraße zum Flexenpaß erklimmen. Kurz nach Lech setzen wir uns zu zweit ab, da wir total unterkühlt und durchnäßt sind. Die Straßenpassage nach St. Anton ist alles andere als geeignet zum Biken, da es jedoch an sinnvollen Alternativen mangelt, radeln wir mit zwei kleinen Stopps um zu checken, ob Finger und Füße noch halbwegs funktionstüchtig sind, weiter zum Flexenpaß (1774 m). Die Abfahrt nach Rauz ist leider auch nur halb so gut wie bei trockener Witterung, zu mal eine dicke Nebelfront unsere Sichtweite auf maximal 20 m sinken läßt. Da wir beide ohne Licht unterwegs sind, ist die Abfahrt und der danach folgende Anstieg zum Arlbergpaß (1793 m) ziemlich riskant, da wir befürchten, dass die Autos uns zu spät sehen könnten. Tim fährt von nun ab vor, ich versetzt hinter her und dabei verlassen wir uns ganz auf unsere Reflektoren an Schuhen, Jacke und Rucksack ... Es geht zum Glück alles gut und wir sind beide mehr als froh, als wir endlich wieder "die Hand vor Augen sehen".

Die Abfahrt vom Arlbergpaß durch diverse Tunnel-Gallerien macht riesigen Spaß, auch wenn es ziemlich finster ist, und schon kurz darauf sind es nur noch wenige Serpentinen bis zum Ziel. Ein kurzer Adrenalinschub folgt jedoch noch: bei Topspeed von knapp 65 km/h kann ich im letzten Augenblick noch neben die Fahrbahnbegrenzung ausweichen, da ein bergauffahrender Sportwagenfahrer meint, er müsse unbedingt ein anderes Auto überholen. Als ob ich mich in Luft auflösen könnte ... Nach dieser Abfahrt komme ich von oben bis unten zitternd in St. Anton an, Tim etwa 3 Minuten später. Wir steuern schließlich zielstrebig eine Unterkunft an, bei der ich im Vorfeld der Tour schon mal unverbindlich angefragt hatte und wir haben Glück: die Übernachtung haut hin, auch wenn es so kurzfristig kein Frühstück gibt ... Während Tim direkt in die warme Badewanne springt, da er schon leicht bläulich gefärbt ist, nutze ich noch die langen Ladenöffnungszeiten und kaufe das Nötigste für heute und den morgigen Tag. 20 Minuten später taue auch ich beim Baden wieder auf - das tut gut. Ein harter Einstiegstag, keine Frage, aber was soll man machen: Gegen das Wetter ist man nun mal machtlos ...

Rappenalptal
Schrofenpaß  


2. Tag: St. Anton - Verwalltal - Neue Heilbronner Hütte - Kops Stausee - Galtür - Ischgl
Stats: 47,36 km - 12,17 km/h AVS - 3:53 h (10.30 - 16.45) - 59,1 km/h MAX - +1300 hm
Da unsere mehr als freundliche Vermieterin uns am Vorabend einen Heizlüfter zur Verfügung gestellt hat, ist unsere Ausrüstung heute früh tatsächlich komplett getrocknet. Nach dem gestrigen anstrengenden und kräftezehrenden Einstiegstag steht heute ein verhältnismäßig lockeres Programm an. So starten wir also in trockenen Klamotten bei erneutem Nieselregen bergauf zum Hotel Mooserkreuz zurück, da unsere Unterkunft am östlichen Ende von St. Anton gelegen ist ... Auf dem Weg nutzen wir noch die Gelegenheit und besorgen uns zu je 40 ÖS die Zugtickets zur Radreservierung für die Rückfahrt von Innsbruck nach St. Anton. So haben wir auf dem Heimweg keinen Streß damit ... Die asphaltierte Bikepiste zum Gasthaus Verwall fährt sich recht gemütlich, von dort geht es am Verwall Stausee vorbei und letztendlich auf Schotterpiste zur Konstanzer Hütte. Immer einige Meter oberhalb der tosenden Rosanna strampeln wir diesen Abschnitt, wobei uns sogar erste Altschneereste am Bachbett auffallen. Ab der Konstanzer zieht sich der Weg ein wenig bis zur Schönverwall Hütte, was jedoch auch eher an Wind und Wetter als am Weg selber gelegen haben könnte ... Zum Glück haben wir uns kurz vor der Hütte warm eingepackt, denn der Trampelpfad bis zur Heilbronner Hütte geht mehr als 300 hm den Hang hinauf, und dabei weht es kräftig. Fahrbar ist hier nichts, schieben ist meines Erachtens auch nicht so praktisch, so dass ich die meiste Zeit mit dem Bike auf dem Buckel den Berg raufwandere - nasse Füße inklusive. Die letzten Meter zur Heilbronner Hütte sind dann noch mal eine kleine Herausforderung, denn die Schotterpiste zieht steil bergauf bis direkt an die malerisch vor der Hütte postierten 4 blau leuchtenden Dixie-Toiletten ... Nach etwas längerer Rast und einem weiteren Regenschauer genießen wir noch schnell die Aussicht auf die vor uns liegende Abfahrt, dann stürzen wir uns auch schon die rutschige Schotterpiste ins Tal.

Nach ein paar Kilometern treffen wir zwei nette Biker, die uns die Orientierung abnehmen und uns den Weg zum Kopsstausee weisen. Die Abfahrt ist wirklich eine angemessene Entschädigung für den Aufstieg auf der anderen Seite und wäre natürlich bei trockenen Bedingungen deutlich zügiger und mit noch höherem Fun-Faktor zu fahren gewesen ... Am Stausee schießen wir bei plötzlich aufkommendem Nebel noch geschwind ein Foto, dann fahren wir mit den beiden anderen bis zum Gasthof Zeinisjoch und von dort weiter auf Schotter gemütlich am See entlang - für Spaß ist also schon mal gesorgt. Das kurze Asphaltstück bis Galtür ist schnell hinter uns gebracht, dann folgt ein unterhaltsamer Radwanderweg "über die Dörfer" bis nach Ischgl. Eine nette Passage am Ortseingang, bei der ein über die Ufer getretener Fluß den Weg knapp 15 cm hoch überspült hat, sorgt noch mal für eine feuchte Abwechslung, bevor wir uns auf die Suche nach unserer bereits gebuchten Unterkunft machen. Die beiden anderen fahren noch weiter bis zur Bodenalpe oder sogar darüber hinaus ... Eine leckere Portion Spaghetti sowie zwei kühle dunkle Bier runden den nicht allzu anstrengenden Tourentag schließlich ab.

Erster Altschnee
Aufstieg Heilbronner Hütte

Aussicht von der Heilbronner Hütte Kops Stausee


3. Tag: Ischgl - Bodenalpe - Heidelberger Hütte - Fimberpaß - Val Sinestra - Sur En
Stats: 39,84 km - 9,58 km/h AVS - 4:09 h (09.45 - 18.00) - 71,9 km/h MAX - +1500 hm
Endlich ist der Sommer da: Bei Sonnenschein und blauem Himmel starten wir unsere dritte Etappe. Ein riesiges Frühstücksbuffet am Morgen ist natürlich nicht sicher vor unserem Heißhunger und so fahren wir gut gesättigt erstmal zur Post (damit die Lieben daheim wissen, dass man noch lebt ...), bevor wir auf der anfangs doch recht steilen Teerpiste in der bereits hochstehenden Sonne Richtung Bodenalpe strampeln. Mit zwei kleinen Fotostopps gelangen wir also zu besagter Alm, die sicherlich ein nettes Plätzchen zum Rasten gewesen wäre, doch wir sind beide so gut im Tritt, dass wir ohne Pause weiter Richtung Heidelberger Hütte fahren. Dabei testen wir auf halber Strecke noch kurz unsere Kletterfähigkeiten ohne Bike, genießen die traumhafte Landschaft und mümmeln zwei Brötchen und diverse Corny-Riegel. Die gesamte Auffahrt bis zur Heidelberger Hütte auf 2260 m erstreckt sich zwar ab der Bodenalpe über knapp 8 km, jedoch läßt sich die Schotterpiste super bewältigen. Unzählige kleine Bäche, die den Weg kreuzen, sorgen für zusätzlichen Fun und so bringen wir den Rest der Strecke ohne weitere Pause hinter uns. An der Hütte, die bereits in der Schweiz liegt, nutzen wir die Gelegenheit zum Auffüllen unserer Wasserreserven und nach 10 Minuten Durchatmen setzen wir auch schon unseren Weg zum Fimberpaß fort. Die knapp 350 hm bis dorthin schlängeln sich auf schmalem Pfad den Hang hinauf, wobei hier an fahren nicht zu denken ist. Vielmehr konzentrieren wir uns auf die herrliche Landschaft um uns herum, während wir mal schiebend, mal tragend, aber zumindest immer ausreichend schwitzend der Paßhöhe immer näher kommen. Die letzten 300 m legen wir uns noch mal richtig ins Zeug, bevor wir dann schnaufend, aber zumindest auf dem Bike am Fimberpaß auf knapp 2600 m ankommen. Die grandiose Aussicht ist eine mehr als angemessene Belohnung für allen geflossenen Schweiß. Zu unserer Verwunderung haben wir hier oben kein bißchen Schnee.

Der folgende Downhill verdient zu recht das Prädikat traumhaft. Verschweigen sollte man dabei zwar nicht, dass ein paar kurze Passagen immer mal wieder geschoben werden müssen, aber gerade die Kniffligkeit der steilen Stücke mit engen Serpentinen stellt für uns beide eine echte Herausforderung dar. Kurz vor Ende dieser schier endlosen Trailpiste überqueren wir noch auf einer abenteuerlichen Brücke einen kleinen Fluß, bevor der Weg wieder breiter wird und wir ins Val Sinestra abfahren. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass die ausgeschilderte Piste nach Ramosch die bessere Variante gewesen wäre, da wir auf engen Waldpfaden etliche Höhenmeter ins Tal runterrutschen, die man später allesamt wieder raufschieben bzw. -strampeln muß ... Außerdem haben wir uns wahrscheinlich auch mehrfach verfahren, doch irgendwie landen wir am Kurhaus Sinestra, von wo eine leicht zu fahrende Schotterpiste bis Sent führt. Auf einem kurzen, kurvenreichen Asphaltstück gelangen wir mit Topspeed nach Sur En. Vom dortigen Campingplatz sind es nur noch knapp 400 m nach rechts bis zum netten Gasthaus Val D'Uina, in dem wir uns mit zwei Transalp-Bikern aus dem schönen Schwabenländle das Massenlager teilen. Nach warmer Dusche und sehr teurem, aber dafür um so kleinerem Abendessen am Campingplatz fallen wir um 21:00 erschöpft in unsere Betten ... 
   
Gipfelglück ohne Bike Rast kurz vor der Heidelberger Hütte
Die letzten Meter zum Fimberpaß

Downhill vom Fimberpaß Balanceakt


4. Tag: Sent - Val d'Uina - Sesvenna Hütte - Schlinig - Schleis - Mals
Stats: 32,60 km - 9,87 km/h AVS - 3:18 h (09.05 - 15.25) - 68,0 km/h MAX - +1300 hm
Der heutige Tag beginnt für uns schon um 6:45, da unsere Bike-Kollegen früh weg wollen. Zwangsläufig sind wir somit auch wach und begeben uns verschlafen zum Frühstück. Das Buffet ist wirklich super, einziger Wermutstropfen dabei sind die horrenden Preise in dieser Region: das Massenlager hat uns 55000 Lire gekostet, auf dem Campingplatz haben wir für knapp 7 DM ganze 6 trockene Brötchen bekommen. Wir freuen uns schon, wenn wir heute abend endlich in Südtirol sind und uns die Riesenportionen Pizza und Pasta zu angemessenem Preis schmecken lassen können ... Die steile Schotterpiste von Sur En bis zur Alpe Uina Dadaint ist komplett fahrbar, stellenweise jedoch recht heftig. Auf schmalem Pfad am Hang kann man noch ein paar hundert Meter fahrend zurücklegen, bevor es dann ernst wird: ab Beginn der Felsgallerie des Val D'Uina ist schieben angesagt, doch das ist nicht weiter tragisch, da man so die imposante Landschaft wesentlich besser wahrnehmen kann. Bei der Durchquerung der Schlucht passieren wir zwei in den Fels gesprengte Tunnel, in denen es fast komplett dunkel ist und von deren Decke es zeitweilig doch recht stark tropft - eine willkommene Erfrischung. Fast die gesamte Passage liegt im Schatten, weshalb wir in unseren kurzen Bike-Klamotten doch manchmal etwas gefroren haben. Nach Verlassen der Schlucht schlängelt sich ein Pfad die restlichen knapp 2 km bis zur italienischen Grenze, noch ein kurzer Anstieg bis zum Schlinigpaß und schon kurz darauf ist man an der Sesvenna Hütte. Etwa an der Grenze merkt Tim, dass er eine seiner Trinkflaschen bei unserer letzten Pause kurz nach der Schlucht vergessen hat. Zurückfahren ist jedoch aus zeitlicher Hinsicht nicht sonderlich sinnvoll und so setzen wir unseren Weg mit einer Flasche weniger fort ...

Schon im Val D'Uina selbst ist einiges los gewesen, doch das rege Treiben der Touristen (?) an der Hütte lädt nicht gerade zu einer längeren Pause ein. Dennoch lassen wir uns nieder, essen jeder einen Apfel und unsere trockenen Semmeln, füllen die verbliebenen Trinkflaschen auf und schon geht's ab zum Downhill. Am Vortag habe ich mir an den Armen und im Gesicht einen ordentlichen Sonnenbrand zugezogen, so dass ich heute nach erfolglosem Einschmieren (ich schwitze wohl zu viel ...) auf Nummer sicher gehe und die Abfahrt im Pulli absolviere. Die Piste ist wirklich super und hat landschaftlich wie fahrtechnisch einiges zu bieten. Lediglich die Massen an Wanderern sind ein größeres Ärgernis, vor allem, wenn sie in Viererreihen an den kniffligen Passagen den Weg dicht machen ... Schließlich wird der Weg zu einer schmalen Straße, die wir bis nach Burgeis runterdüsen. Mit Tempo 65 überholen wir einen mehr als schleichenden italienischen Fiat-Fahrer (ja, so was gibt's wirklich) und hängen uns an ein anderes Auto dran. Natürlich sollte man immer gut auf den Gegenverkehr achten, aber sonst ist es einfach genial die serpentinenreiche Straße "race-mäßig" zu absolvieren. Von Burgeis geht es auf holpriger, aber gut zu fahrender Bikepiste nach Schleis und von dort asphaltiert weiter bis Mals. Zum Abend genießen wir eine Riesenpizza bzw. Spaghetti und versorgen uns noch mit frischen Joghurts, bevor es früh ins Bett geht. Da ich im Massenlager kaum ein Auge zubekommen habe, bin ich mehr als froh wieder ungestört schlafen zu können, um die nötigen Kräfte für die zweite, doch deutlich schwerere Hälfte unseres Transalp-Trips zu sammeln. 

Kurz vorm Val D'Uina
Kletterei im Val D'Uina
Felsgallerie im Val D'Uina

Kurz vor der Sesvenna Hütte
Downhill von der Sesvenna Hütte  


5. Tag: Mals - Glurns - Prad - Stilfserbrücke - Sulden
Stats: 32,21 km - 12,94 km/h AVS - 2:29 h (09.30 - 13.45) - 62,0 km/h MAX - +1100 hm

Nachdem wir uns bei unserer netten Vermieterin (89 Jahre alt!) verabschiedet haben, schlagen wir uns mit den Bikes über den Wochenmarkt (welch hektisches Treiben am frühen Morgen), um noch ein paar frische Semmeln und Salami im dahinterliegenden SPAR-Markt zu kaufen. Die heutige Etappe sieht auf dem Höhenprofil harmlos aus, und so brechen wir voller Elan auf. Wir fahren anfangs auch brav nach Wegweiser, jedoch biegen wir irgendwo falsch ab und irren ein wenig planlos durch ein Industriegebiet kurz vor Prad. Letztlich finden wir doch den Weg und ein Schild, das uns die Straße zum Stilfser Joch weist. Die Straße ist super zu biken, unterwegs gibt es noch eine kleine Pause am idyllisch dahin plätschernden Suldenbach und schon kurz darauf erreichen wir die Stilfser Brücke. Der laut Wegweiser empfohlene Wanderweg Nr. 13, durch man ein paar hundert Meter Fahrstrecke spart und nicht nur auf der Straße bis nach Sulden fährt, ist jedoch nicht sonderlich empfehlenswert. Anfangs ist er steil und rutschig, später ziemlich zugewachsen ... Die zahlreichen Insekten tragen ihr Übriges dazu bei, dass ich froh bin endlich in die Straße nach Sulden einzubiegen. Einzig positiver Aspekt dieser Route ist eine schöne Aussicht auf die Gabelung der Straße bei Gomagoi - in südwestlicher Richtung geht es die weltberühmten soundsovielen Kehren zum Stilfser Joch hinauf, in südöstlicher Richtung, die wir einschlagen, geht es mühsam hinauf nach Sulden.

Die Asphaltstraße bis zu unserer Unterkunft kurz vor der Seilbahnstation in Sulden erstreckt sich über knapp 9 km und ist vor allem im unteren Bereich anstrengender als man meint. Da wir auch noch in der größten Mittagshitze unterwegs sind, gehen meine Trinkvorräte schnell dem Ende entgegen ... Jedoch bietet die Straße schon die ersten paar Ausblicke auf die vergletscherten 3000er Gipfel, denen wir uns morgen langsam annähern werden, was zusätzliche Motivation verleiht. Der Nachmittag wird heute ausnahmsweise gefaulenzt: nach Waschen unserer Klamotten liegen wir faul auf der Sonnenterrasse, bevor wir dann noch ein wenig beim Fernsehen im kühlen Zimmer relaxen ... Nach heftigem Gewitter am Abend inspiziere ich noch schnell zu Fuß das Gelände an der Talstation der Seilbahn und denke schon mal an die Strapazen des morgigen Tages mit der Überquerung des Madritschjochs. 


Suldenbach


6. Tag: Sulden - Schaubach Hütte - Madritschjoch - Zufallhütte - Morter
Stats: 37,49 km - 10,37 km/h AVS - 3:36 h (08.15 - 15.30) - 63,8 km/h MAX - +1350 hm
Das Wetter hat sich wieder beruhigt und aufgrund der geplanten Etappe brechen wir bereit um 8:15 auf. Da die Seilbahn für uns beide nicht in Frage kommt, machen wir uns an den wirklich harten Uphill bis zur Schaubach Hütte (2573 m). Der Weg erstreckt sich über knapp 5 km, die es jedoch mehr als in sich haben. Die Piste ist meist grobschottrig und bei Steigungen von 20-25% und Transalpgepäck auf dem Rücken nicht gerade easy zu meistern. Im Nachhinein frage ich mich, wie ich mich überhaupt bis zur Hütte im Sattel gehalten habe, denn die zunehmend dünner werdende Luft hat mir ganz schön zu schaffen gemacht. Mit diversen "Luftholpausen" sind wir jedoch nach 1 1/4 h an der Hütte, die malerisch umgeben von den zahlreichen 3000ern in der Sonne schimmert. Der restliche Uphill bis zum Madritschjoch ist auch nicht von schlechten Eltern, hier verzichten wir jedoch beide auf irgendwelche Heldentaten und schieben die wirklich steile Skipiste hinauf. Kurz vor dem höchsten Punkt unserer Tour stapfen wir dann doch noch über unser erstes und zugleich auch letztes Schneefeld, bevor wir schwer atmend den Gipfel (3123 m) erreichen. Hier oben herrscht ein reges Treiben, unzählige Touristen sind mit der Seilbahn in die höheren Regionen vorgedrungen und freuen sich über ihr Dasein ... Wir sind die einzigen Biker hier oben (wen wundert's) und nach obligatorischen Gipfelfoto machen wir uns mit den Bikes auf dem Rücken vorsichtig an den Abstieg - immer unter den ungläubigen Blicken der Wanderer, die uns teils verwundert, teils bewundernd, nachschauen.

Obwohl noch weitestgehend die Sonne scheint, ist es bitterkalt, denn der Wind pfeift unaufhörlich über den Kamm. Mit unserem kompletten Equipment am Mann geht es einigermaßen und nach 15 Minuten Abstieg wird der Wandersteig halbwegs fahrbar. Dennoch sollte man hier vorsichtig sein, denn bei den Massen an Fußgängern ist hier eine Konfrontation schnell vorprogrammiert. So gelangen wir also langsam, aber sicher Richtung Enzianhütte, doch auf halber Strecke stellt Tim entsetzt fest, dass sein Steuersatz, der schon zu Beginn der Tour Probleme bereitet hat, erneut locker geworden ist. Unsere Reparaturversuche fruchten leider nicht - das Ding hat einfach zuviel Spiel, wodurch bei der Abfahrt und beim Bremsen ein knirschendes, klackerndes Geräusch entsteht ... Na super, und zu allem Überfluß hat sich während unseres Stopps dichter Nebel um uns gebildet, der einher geht mit dunklen Regenwolken, die meinen, sich ausgerechnet jetzt über uns entladen zu müssen. Gegessen haben wir seit heute früh nichts, unser Trinken ist weitestgehend zur Neige gegangen, doch jetzt geht es erstmal darum aus dem Unwetter rauszukommen. So gut der defekte Steuersatz es zuläßt, rutschen wir den immer gefährlicher werdenden Wandersteig hinab, jedoch gibt es genug Passagen, die wir aus Sicherheitsgründen lieber schieben. Außerdem ist ein Großteil des Weges bis zur Enzianhütte mit tiefen Querrinnen durchzogen, von der eine zu meinem Verhängnis wird: Ich bin nicht weit genug hinter meinem Sattel und habe wohl auch nicht genug Schwung und schon bleibt mein Vorderrad in der Rinne stehen und mich schmeißt es kopfüber nach vorne. Geistesgegenwärtig fange ich mich mit meinen Händen ab, so dass ich keinen Überschlag mache. Gut, dass ich die Handschuhe anhabe, die den Aufprall zusätzlich abfedern. Kurz vor der Zufallhütte (2265 m) wird es für mich noch mal kritisch, da ich auf einem nassen Stein wegrutsche und mich nur durch einen Sprung von meinem Bike vor dem unweigerlichen Abgang den Steilhang hinunter rette ... Ich beschließe, den Rest des Weges zu schieben, da man sein Glück ja nicht übermäßig strapazieren soll.

An der wunderschön gelegenen Hütte stelle ich fest, dass ich bei meinem letzten Abgang vom Bike meine Luftpumpe verloren habe und so mache ich mich zu Fuß auf den Rückweg. Nach 10 Minuten finde ich sie zum Glück und geselle mich dann rasch zu dem Rest der Leute, die sich schutzsuchend vor einem erneuten Wolkenbruch in der Hütte eingefunden haben. Während des Unwetters stellen wir beide fest, dass es wohl heute keinen Sinn mehr macht bis zur Tarscher Alm zu fahren, da die Abfahrt ins Tal schon lang genug dauert aufgrund des defekten Steuersatzes und eine Weiterfahrt im Gelände ohne Schlimmeres zu Riskieren einfach nicht möglich ist. Bei besserem Wetter wäre die Route über die Marteller Hütte und die Furkelscharte nach Pejo bestimmt in Betracht gekommen, da die geplante Route durchs Martelltal und am folgenden Tag über die Haselgruber Hütte viel Zeit kostet, doch unter den widrigen Bedingungen ist daran nicht zu denken. Nach kilometerlanger Abfahrt im Regen erreichen wir frierend und durchweicht (Tim hat am falschen Ende gespart und sich keine Regenhose mitgenommen ...) Morter, wo wir schnell in der einfachen Pension Daniel unterkommen. Die Vollendung des Transalp-Trips auf der geplanten Route ist nach dem heutigen Tag leider gestorben. Wirklich schade, aber es geht nun mal nicht ... Morgen werden wir auf der Straße in östlicher Richtung gen Meran radeln, hoffentlich Tims Bike reparieren und dann sehen, dass wir so weit es geht nach Süden gelangen. Für den letzten Tourentag ist dann eine Etappe von Cles in etwa über den Molveno See bis Riva geplant, womit wir zumindest in unserem Zeitplan wären ...

Auffahrt Schaubachhütte Schaubachhütte
Skipiste zum Madritschjoch

Die letzten Meter zum Madritschjoch Aussicht vom Madritschjoch
Downhill vom Madritschjoch


7. Tag: Morter - Latsch - Naturns - Meran - Gampenpaß - Fondo - Romallo
Stats: 88,94 km - 16,90 km/h AVS - 5:15 h (09.30 - 17.15) - 51,5 km/h MAX - +1300 hm

Nachdem gestern Abend unsere Entscheidung notgedrungenermaßen schon gefallen war, die Tour nur noch auf Straße zu beenden, haben wir nach dem Frühstück eine grobe Übersichtskarte von unseren Vermietern zur Hand genommen, um die heutige Etappe einschätzen zu können. Wie nicht anders zu erwarten, regnet es bei der Losfahrt mal wieder und kaum, dass wir die Straße von Morter ins Tal gefahren sind, steht uns beiden auch schon das Wasser wieder in den sowieso noch feuchten Schuhen ... So kämpfen wir uns kilometerlang über die stark befahrene Straße nach Naturns, immer mit dem Hintergedanken, die Tour doch noch zu beenden. Nach den super Erfahrungen auf der Transalp V letztes Jahr kommt bei diesem Sauwetter einfach kaum noch Motivation auf und durchgefroren wie wir sind, ist man eben nicht sonderlich happy ... Unsere Laune ändert sich leider auch nicht, nachdem wir erfolglos insgesamt 5 Bike-Geschäfte abgeklappert haben. Was soll man machen, es muß weitergehen und so machen wir uns von Meran auf den Weg über den Gampenpaß Richtung Cles. Da wir komplett ohne Karte dieser Region fahren, ist es schwer abzuschätzen, wie weit es noch sein wird. Das erste Schild nach Meran ist jedoch nicht gerade ermutigend: Gampenpaß 23 km. Diese "Warnung" nicht ernst nehmend, strampeln wir also weiterhin bei Dauerregen die ersten paar km bergauf (jeden km steht ein nettes Schild am Wegesrand, das einem vor Augen hält, wie weit es noch bis zum Paß ist, jedoch nicht, wie hoch man bereits ist ...). Bei km 15 bis oben dämmert mir so langsam, dass ich schon mal von der Route über diesen Paß gelesen habe: soweit ich mich erinnere, ist er knapp 1500 m hoch - Meran liegt auf knapp 300 m.

Tja, um es kurz zu fassen: Ziemlich demotiviert kurbeln wir also Kilometer um Kilometer die mehr als triste Asphaltstraße hoch, bis wir nach knapp zweieinhalb Stunden auf der Paßhöhe (1518 m) sind. Total durchnäßt bzw. geschwitzt, aber dennoch frierend geht es auf der anderen Seite runter nach Fondo. Von dort sollen es nur noch knapp 8 km sein, bis eine unserer Landkarten wieder nützlich ist ... Die Straße ist garantiert eine spaßige Abfahrt, doch nicht bei diesem Wetter. Da sich durch das ständige Bremsen bei Nässe unsere Bremsgummis schon so gut wie verabschiedet haben, lassen wir es einfach laufen: ich vorneweg, düsen wir knapp 12 km bergab - ohne Schutzbleche auf dieser Straße mit all ihren Pfützen ein sehr zweifelhaftes Vergnügen. Als Tim ein paar Minuten nach mir am Ortseingang von Fondo ankommt, offenbart er mir, dass er es keinen Meter weiter schafft. Ich bin zwar auch relativ am Ende und zittere nur so vor mich hin, doch an sich wollte ich heute noch weiterkommen. Bibbernd geht Tim also in die Touri-Info, wo er jedoch mit der Aussage "Privatvermieter nehmen Euch eh nicht für eine Nacht" abgespeist wird. Zusätzlich gibt es immerhin eine Übersicht der Region mit diversen Unterkünften. Wir dürfen also selbst suchen ... Wie der Zufall es so will, gibt es in Fondo laut Prospekt nur zwei Hotels, die jedoch beide mehr als 80000 Lire die Nacht kosten - entschieden zuviel für uns. Irgendwie überrede ich Tim doch noch zur Weiterfahrt, nachdem er sich noch ein langes Unterhemd unter das total durchnäßte Bike-Shirt und die Gore-Windjacke gezogen hat. Ich kann zwar auch kaum noch mein Bike geradeaus steuern, da ich vor Kälte am ganzen Körper zittere, doch angeblich ist knapp 5 km weiter eine günstige Albergo.

Von der Hoffnung getrieben, setzen wir unseren Weg fort - doch umsonst: Die billig wirkende Albergo Alpina in Brez will uns nicht nehmen! Es muß also weitergehen und ein Dorf weiter finden wir ein Hinweisschild auf ein Zimmer. Leider wird in dieser Region hauptsächlich italienisch gesprochen und zu unserer Verwunderung noch französisch. Wir machen uns zwar irgendwie verständlich, aber auch hier scheint es keine Bleibe für uns zu geben. Mit dem Hinweis, dass es in Romallo 2 km weiter ein kleines Hotel gäbe, geht es also noch mal auf den Sattel, wobei jeder weitere Meter alles andere als angenehm ist. Und dann - das nicht mehr für möglich gehaltene Wunder tritt doch ein: in der Albergo Bertolini zu Romallo nimmt man uns freundlich auf, obwohl wir triefend und stinkend in der Tür stehen. Geschafft!!! Tim macht einen Freudensprung, ich jubele innerlich und schon stapfen wir in unser Zimmer und schmeißen erstmal unser nasses Zeug in die Ecke. Ich habe zuerst das Vergnügen warm (!) zu duschen und danach sind meine Lebensgeister auch wieder geweckt. Vor dem Abendessen, das es zum Glück im Haus gibt (Tim hat nichts Trockenes mehr zum Anziehen, also gehe ich in dicken Wollsocken und kurzer Hose, während er meine lange Hose mit seinen Wollsocken kombiniert), schauen wir uns auf unseren Karten an, was morgen noch vor uns liegt und es sieht nun doch erstaunlich gut aus ... Zwar sind es immer noch geschätzte 80 km bis zum Gardasee, doch über den Molveno See scheint es einigermaßen entspannend zu werden. Auch wenn schon wieder Regen angekündigt ist ... 


8. Tag: Romallo - Fondo - Mendelpaß - Bozen
Stats: 51,42 km - 21,03 km/h AVS - 2:27 h (9.00 - 12.00) - 53,4 km/h MAX - +700 hm
Tja, wie sagt man so schön: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Heute früh regnet es immer noch in Strömen, unsere Klamotten sind über Nacht natürlich nicht getrocknet und irgendwie ist die Stimmung ziemlich down. Auch die Wetterprognosen für die kommenden Tage am Gardasee sind besch...en. Somit beschließen wir nach etlichem Pro und Kontra unsere Tour heute nicht mehr in südlicher Richtung fortzusetzen, sondern nach Bozen zu fahren und von dort den Zug nach St. Anton zu nehmen. Die Entscheidung kam ziemlich spontan zustande, denn an sich hatten wir uns beide auf einen extra (Ruhe-)Tag am Gardasee gefreut, doch unter den Voraussetzungen ... Wie schon gestern machen wir uns also ohne Karte bei erneutem Regen auf den Weg. Zunächst kurbeln wir wieder zurück nach Fondo und von dort noch knapp 400 hm bis zum Mendelpaß (1363 m). Auch bei dieser Auffahrt steht alle ein km in Schild, um einem anzuzeigen, wie weit es noch ist, doch von Fondo sind es nur 10 km. Getrieben von der Hoffnung bald wieder in trockenere Gefilde zu kommen (-> Zug), legen wir uns also mächtig ins Zeug, um so schnell es geht nach Bozen zu gelangen. Leider weiß ich nicht auswendig, wann ein Zug dort Richtung Brenner wegfährt, aber je früher wir da sind, desto besser. Da wir gerade so mit unseren letzten paar Lire unsere Unterkunft in Romallo bezahlt haben, gibt es heute erstmal keine Einkäufe, und wir fahren von ein paar Trinkpausen abgesehen in einem Rutsch bis nach Bozen. Die Abfahrt vom Mendelpaß dauert bis ganz nach unten knapp 23 km und wie auch schon am Vortag ist es bitterkalt. Die Sicht ist durch die tiefhängenden Wolken mehr als beeinträchtigt, doch was soll's: Augen zu und durch. Nach 15 km am Stück halte ich total fröstelnd, durchnäßt und von oben bis unten besudelt am Straßenrand an - erstmal meine Finger wieder langsam bewegen. Vielleicht hätte ich doch wie Tim am Morgen die nassen Handschuhe anziehen sollen, aber naja, jetzt ist es auch egal ...

Nach einer kleinen Odyssee durch Bozen erreichen wir schließlich den Bahnhof. Die nicht allzu freundliche Dame an der Auskunft gibt mir mürrisch ein paar Daten für Züge in unserer Richtung und nach kurzem Hin und Her, Geldwechsel und Diskussionen am Schalter haben wir zumindest bis zum Brenner gültige Fahrradtickets. Die normalen Tickets, die wir bereits in Deutschland gekauft haben, können wir trotz Datierung ab 07.08. (also 2 Tage später) verwenden. Nach Umsteigen am Brenner und in Innsbruck, wo wir den knapp 90-minütigen Aufenthalt zum Einkaufen (endlich was zu essen!) nutzen, bringt uns ein IC bis nach St. Anton, wo wir glücklicherweise wieder in unserer bereits auf dem Hinweg besuchten Pension unterkommen. Zwar müssen wir uns beide noch mal knapp 15 Minuten als Möbelpacker betätigen, da die Vermieterin gerade am Umräumen war und ihre Zimmer zum Vermieten mit unzähligen Utensilien von ihrem Dachboden vollgestellt waren, doch das tut man ja gerne, wenn man schon so spontan aufgenommen wird. 

9. Tag: St. Anton - Arlbergpaß - Flexenpaß - Warth - Lech - Schrofenpaß - Oberstdorf
Stats: 59,01 km - 16,10 km/h AVS - 3:39 h - 61,3 km/h MAX - +1150 hm

Ich schlafe wie so oft in den vergangenen Tagen nicht sonderlich gut, doch egal: heute geht es heim. Da die Zugverbindungen nach Oberstdorf allesamt nicht so günstig sind und wir nicht noch einen Tag mit der Rückreise vergeuden wollten, haben wir uns bereits im Vorfeld der Tour dafür entschieden mit dem Bike die erste Tagesetappe andersrum zu fahren. Prinzipiell gar nicht so schlecht, wie ich finde, jedoch konnte ja keiner ahnen, dass uns heute die größten Überschwemmungen und Unwetter in dieser Region seit Jahren bevorstehen sollten ... Der Regen ist heftiger denn je, als wir langsam das Hotel Mooserkreuz passieren um den Arlbergpaß diesmal von der anderen Seite zu erklimmen. Wie unschwer zu erraten, sind wir mach wenigen Minuten wieder klitschnaß und windig ist es auch noch ... Als wir uns nach knapp eineinhalb Stunden in den Vorraum einer Bank in Warth flüchten, steht uns beiden schon das Wasser seit längerem in den Schuhen. Ein wenig essen, ein wenig trinken, dann geht es wieder raus in die Kälte. Wir kämpfen uns weiter bis zur Bank in Lech, wo wir beide unsere Schuhe entwässern und unsere bläulich gefärbten Füße in Toppits Gefrierbeutel packen, bevor wir wieder in die Schuhe schlupfen. Die Tüten hatten wir eigentlich als zusätzlichen Regenschutz für unsere Klamotten im Rucksack verwendet, doch durch die isolierende Wirkung hoffen wir nicht mehr so stark zu frieren. Auf der Straße ist die Feuerwehr schon mehrfach im Einsatz, da einige Stellen stark über- bzw. unterspült sind und Erdrutsche auf die Fahrbahn runtergekommen sind. Doch wir radeln "quietschvergnügt" mittendurch ...

Zu Beginn der Tragepassage auf den Schrofenpaß kommen uns insgesamt knapp 20 Biker entgegen, die fest davon ausgehen, dass sich das Wetter bis zu ihrer Ankunft am Gardasee noch bessern wird. Sie berichten, dass die Bäche im Rappenalptal bereits stark über die Ufer getreten sind und sie schon bis zu den Knien im Wasser standen. Angeblich sind sogar ein paar Biker nach ihnen nicht mehr über den Fluß gekommen ... Wir beeilen uns also den Schrofenpaß raufzukommen und auch wieder runterzukommen. Bereits der Weg hinauf ist ein einziger Bach, alles überschwemmt und matschig. Mich stört das alles aber schon nicht mehr, da die Tüten ihre Wirkung inzwischen entfaltet haben und mir halbwegs warm ist. Das Wasser steht zwar wieder in meinen Schuhen und kommt zum Teil auch wieder vorne rausgequollen, aber irgendwie macht es mir riesigen Spaß, nachdem wir endlich die Straße in Lech verlassen haben. Wir rutschen also ohne viel Zeit zu verlieren den Weg vom Schrofenpaß runter, wobei die glitschige Leiter eine echte Herausforderung darstellt. Tim hat mit seinen starren Sohlen mit nur wenigen Auflagepunkten mal wieder total verloren, so dass er sich nur ohne Bike an den Sicherungsseilen festhaltend fortbewegen kann. Ich darf also doppelt drüber balancieren, dabei erst Tims Bike und dann mein Bike rechts über dem Abgrund geschultert ... Mir schmerzt schon der Arm vom ganzen Geschleppe den Berg rauf, doch es geht alles gut und kurze Zeit später sind wir unten am Fluß.

Bereits von oben sah es gar nicht so schlimm aus, so dass wir schon die Biker von zuvor verfluchen wollten, und auch hier unten entpuppt sich die Lage als nicht so dramatisch: Der Fluß hat zwar deutlich zugenommen, aber er ist passierbar. Wir wandern den Bach ein paar Meter weiter rauf, bis ich eine Chance sehe, mit dem Bike auf den Schultern von einem glitschigen Stein auf den anderen zu springen. Ich denke lieber nicht darüber nach was passiert, wenn ich ausrutsche und schon bin ich mit meinem Gepäck und Bike auf der anderen Seite, wo zwar ein neu entstandener Fluß die Wiese überflutet hat, aber besser da durch als direkt durch den eigentlichen Bach waten. Ich lasse meine Ausrüstung liegen und springe wieder zurück um Tim zu helfen, der nur am rutschen ist. Noch mal darf ich den Sprung mit seinem Bike über den Fluß wagen, und ich denke spätestens jetzt weiß auch er die Vorteile "normaler" Schuhe zu schätzen. Ohne Bike schafft er es auch und schon kann es weitergehen. Die Abfahrt durchs Tal sollte eigentlich schnell vonstatten gehen, doch leider sind Tims Maguras durch mangelnde Wartung wie natürlichen Verschleiß so runter, dass die hintere Bremse bis zum Griff gezogen werden kann ohne zu bremsen. Und die vordere ist eh nur mit Vorsicht zu genießen, da der Steuersatz ja kaputt ist ... Während er an den Steilstücken schieben muß, komme ich bei der Abfahrt auf meine Kosten. Es ist einfach alles naß, so dass ich mir keine Gedanken mehr um eine Pfütze mehr oder weniger machen muß. Unterwegs landet sogar ein Rettungshubschrauber knapp 100 m neben uns auf der Wiese, der eine Luftrettung vorbereitet ...

Wir rollen weiter ins Tal bis uns plötzlich ein reißender Strom die Weiterfahrt unmöglich macht. Na so was, der war doch auf der Hinfahrt noch nicht da ... Entsetzt stellen wir fest, dass dieses einstige Rinnsal die Teerbrücke, also unseren Weg, unterspült und komplett weggerissen hat! Die Suche nach einem weiter oben oder unten gelegenen Übergang fällt negativ aus und während ich ratlos am Rande der Brücke stehe, bricht plötzlich ein Rest des Weges unter mir weg und ich rutsche mit einem Bein bis zum Oberschenkel in den Strom. Jetzt wird uns klar, was die Biker zuvor gemeint hatten ... Tja, nun ist eh alles egal, meine Regenhose hält zwar auch im Wasser dicht, doch über die Schuhe kommt die eiskalte Suppe natürlich doch rein. Zum Springen mit Bike auf dem Rücken ist der Abstand zu groß, außerdem hätte auch die andere Seite bei der Landung nachgeben können und man wäre komplett in den Fluß gefallen. Also steige ich vorsichtig mit meinen Füßen am Boden Halt suchend bis knapp unter die Hüfte in den kräftig tobenden Fluß und ersetze somit die Brücke ... Tim reicht mir die Bikes nacheinander und ich schaffe es mit unter größten Anstrengungen erst sie und dann mich ans gegenüberliegende "Ufer" zu bringen. Leider ist Tim ja ohne Regenhose unterwegs und mit seinen Schuhen stehen die Chancen zum Springen bzw. zum "Durchlaufen" des Flusses nicht gerade gut. Ich hüpfe also noch mal rein, er steigt auf meine Schultern und so erreicht er wenigstens halbwegs trocken das andere Ufer. Welch ein Abenteuer!

Ich freue mich schon auf weitere Herausforderungen, doch das war es schon fast für heute. Obwohl der Weg ins Tal bereits gesperrt wurde, müssen wir weiter, vorbei an Baggern, die versuchen das Geröll beiseite zu räumen, an diversen Autos vom THW und der Feuerwehr. Der Weg schwimmt förmlich weg, doch was soll's: irgendwie macht es Spaß. Der restliche Weg erfolgt ohne größere Zwischenfälle, nur zum Schluß fällt mitten in Oberstdorf Tims Flaschenhalter ohne Vorankündigung vor Altersschwäche vom Rad (vielleicht war er auch wasserscheu) ... Kurz darauf sind wir schon die 3 km bis nach Tiefenbach zu unserem Auto raufgestrampelt und berichten unserer verdutzten Vermieterin von unserem Wahnsinnstag. Sie kann es immer noch nicht fassen, dass wir bei dem Wetter über den Schrofenpaß gekommen sind ... Nach einer warmen Dusche verabschieden wir uns, laden unsere nassen Sachen in Plastiktüten gepackt ins Auto und fahren über diverse Umleitungen, da aufgrund des Hochwasser die B19 um Immenstadt und Sonthofen stellenweise gesperrt werden mußte, nach Hause. Ein für mich grandioser Abschluß dieser Transalp-Tour! 


Kampf in den Fluten


Bilanz: etwa 390 km in 8 Tagen (29.07. - 06.08.2000), dabei ca. +10200 hm absolviert
Stats: pro Tag durchschnittlich etwa 48,75 km - 3:45 h - +1275 hm
Unsere zweite Transalp-Tour stand zwar nicht gerade unter einem günstigen Stern, da das Wetter diesmal nicht auf unserer Seite war und Tims Bike nicht ordentlich in Schuß war, aber dennoch war es erneut eine super Tour, die ich jederzeit wieder fahren würde. Landschaftlich war es noch besser als im vergangenen Jahr, falls man das überhaupt sagen kann und besonders die langen Abfahrten und die weitestgehend guten Auffahrten machten einen Riesenspaß (bei Sonne bestimmt noch mehr ...). Einzig schade war, dass wir nicht mehr über den Tarscher Paß und das Rabbijoch bis zum Gardasee gekommen sind, doch sonst gab es nichts zu bemängeln, so dass ich stark davon ausgehe, dass ich mich auch nächsten Sommer wieder auf das Abenteuer Transalp einlassen werde ...