Nachdem wir 2003 unseren Gipfelversuch am Ortler aufgrund eines massiven Kälteeinbruchs mit Blankeis am Morgen leider abbrechen mussten, nahmen wir uns nun erneut den Gipfel vor. Andi war natürlich wieder mit dabei, ausserdem sein Kumpel Chris, dem als bestem Kletterer von uns der Job des Vorsteigers zufiel. Geplant war eine schöne Hochtour mit Monte Cevedale, Monte Zebru und zum Abschluß dem Ortler, bei guten Bedigungen über den Westgrat von der Berglhütte. Doch es sollte alles mal wieder anders kommen ... |
1. Tag: | Sulden - Schaubachhütte - Eisseepass - Rif. Casati |
Stats: | 5:00 h (17.00 - 22.00) - +750/-50 hm |
Nachdem es noch bis zur Mittagszeit ziemlich viel Niederschlag gegeben hatte, konnten wir dann bei trockenem Wetter und sogar etwas Sonne doch noch zur Casatihütte aufsteigen. Da die Seilbahngesellschaft es jedoch nicht für nötig befand, für uns und einen weiteren Bergsteiger um 15:45 eine Fahrt zu machen, mussten wir auf die letzte Fahrt um 16:45 warten, was unseren Zeitplan ziemlich durcheinander bringen sollte. Mit diesem späten Start ab der Bergstation nähe Schaubachhütte kamen wir auf dem Gletscher nach dem Eisseepass leider mitten in die Nacht hinein ... Dummerweise sah man die Casatihütte auch nicht, da sie hinter eine Kuppe liegt, doch wir orientieren uns in der Dämmerung noch so gut es ging und hielten uns dann grob an die Richtung, in der die Hütte nach unserer Einschätzung liegen musste ... Ziemlich erschöpft, aber sehr erleichtert, dass wir den stellenweise mit wenig einladenden Spalten versehenen Gletscher heil absolviert hatten, kamen wir gegen 22:00 an der Casatihütte an. Ich glaube, auf solch eine Gletscher-Aktion im Dunkeln können wir alle bestens verzichten in Zukunft ,,, Abendessen und netter Hüttenabend fielen natürlich aus, wir krochen nur noch in unsere kalten Betten und versuchten ein wenig zu regenerieren. |
2. Tag: Teil 1 |
Rif. Casati - Suldenspitze - Rif. Casati |
Stats: | 2:00 h (10.15 -12.15) - +150/-150 hm |
Am nächsten Morgen war das Wetter dann ganz schlecht, es hatte einiges an Neuschnee gegeben und draussen tobte ein mittelschwerer Schneesturm. Na bravo ... Wir ließen uns also viel Zeit beim Frühstück und hofften, dass es besser werden würde, doch dem war nicht so. Mit allem an, was der Rucksack hergab, brachen wir dann schließlich doch irgendwann auf. Nach wenigen Schritten kehrten wir jedoch schon wieder leicht bibbernd zurück zur Hütte und kamen nach kurzer Diskussion überein, dass wir die Tour bereits hier abbrechen müssen. Die Prognosen für die Folgetage wurden vom Hüttenwirt als wenig berauschend dargestellt, und mit wenigen Metern Sichtweite, dem heftigen Wind und dem nicht enden wollenden Schneefall war die angedachte Runde nicht machbar. Wir beschlossen also, gen Suldenspitze zu ziehen und von dort zum Eisseegrat rüberzukraxeln, dem wir bis zur Eisseespitze folgen wollten um von dort gen Schaubachhütte und hinab nach Sulden abzusteigen. Das Ende vom Lied war, dass wir insgesamt zwei Mal auf der Suldenspitze standen, den Übergang zum Eisseegrat jedoch bei der miesen Sicht nicht fanden ... Ein Abstieg ins ungewisse Gletschergelände schien uns alles andere als ratsam, ebenso wenig bot sich der Aufstieg vom Vortag als Abstieg an, da wir ja von unserer nächtlichen Odyssee noch zu gut wussten, welch "nette" Spalten es am Gletscher gab, die heute jedoch noch mehr als gestern von einer trügerisch sicheren Schneedecke überzogen waren ... So zogen wir also erst mal zurück zur Casatihütte zum Aufwärmen und Beratschlagen. |
2. Tag: Teil 2 |
Rif. Casati - Suldenspitze - Rif. Casati - Rif. Pizzini |
Stats: |
3:30 h (13.30 -17.00) - +150/-150 hm |
Wir beschlossen, es erneut mit dem Übergang von der Suldenspitze zum Eisseegrat zu versuchen, doch zum wiederholten Male ging es einfach nicht, wir fanden den Übergang nicht ... Vom nicht schwächer werdenden Schneegestöber und dem eisigen Wind gezeichnet, gaben wir schliesslich den Versuch auf und entschieden uns für den Talabstieg gen Pizzinihütte. Damit landeten wir zwar im falschen Tal und mussten am Folgetag irgendwie wieder gen Sulden kommen, was bei den schlechten Bedingungen zu Fuß kaum machbar schien, aber wir wollten nun nur noch raus aus dem Unwetter und in eine warme Unterkunft. Nach mühsamem Schneegestapfe über den Sommerweg, von dem im oberen Teil fast nichts zu sehen war, erreichten wir schliesslich die Pizzinihütte. Ich hatte die Hütte noch von vor ein paar Jahren, als ich mit dem Bike dort war, in guter Erinnerung - und so war es dann auch. Sehr nette Leute, eine moderne Hütte, gutes Essen, ein Trockenraum, Duschen, ein brauchbares Zimmer und nicht zuletzt angemessene Preise. An sich hatten wir damit all das, was die Casatihütte nicht bot ... |
3. Tag: Teil 1 |
Rif. Pizzini - Rif. Forni |
Stats: | 2:00 h (08.00 - 10.00) - +0/-500 hm |
Am nächsten Morgen war es erstaunlicherweise zunächst trocken von oben. Inzwischen waren wir auch unter der Schneefallgrenze von 2750 m, doch ein Blick auf die umliegenden Gipfeln zeigte, dass dort oben wieder alles festhing und man jegliche Versuche, doch noch mal aufzusteigen oder gar die Querung zur 5°Alpini-Hütte vorzunehmen, getrost vergessen konnte. Es sollte nun Richtung Santa Caterina gehen, von dort wollten wir uns per Bus bis Bormio, von dort ebenfalls per Bus zum Stilfserjoch und weiter bis Gomagoi und letztlich bis Sulden durchschlagen. Wie lange die ganze Odyssee dauern würde, wusste keiner, aber andere Optionen hatten wir nun eh nicht mehr, also gingen wir es an. Auf halber Strecke fing es dann auch mal wieder an zu regnen, alles andere hätte ja auch nicht ins Schema gepasst ... Kurz nach dem Rif. Forni, während wir auf der öden Fahrstrasse entlangmarschierten, hatten wir dann doch mal zur Abwechslung großes Glück, denn einer der Hüttenleute, der mit seinem Jeep einen Shuttle-Service betreibt, fuhr an uns vorbei, hielt von sich aus an und fragte, ob er uns mitnehmen solle. Zunächst waren wir etwas skeptisch, aber er wollte kein Geld dafür haben, also nahmen wir dankbar das Angebot an. Er sprach zwar nur italienisch, aber wir tauschten uns doch ein wenig über unsere geplante Tour und das miese Wetter aus. Er bestätigte, dass es zunächst nicht besser werden sollte und dass der ganze Sommer auch nicht gerade gut gewesen ist bisher, ergo wussten wir, dass wir mit dem Tourabbruch die richtige Entscheidung getroffen hatten, auch wenn es uns allen schwer gefallen war. Der Mann war so nett und fuhr uns sogar bis Bormio direkt an den Busparkplatz - perfetto! Es gibt doch noch nette Leute! Auch wenn er es nicht wollte, gaben wir ihm ein angemessenes Trinkgeld für seinen Fahrdienst, der uns viel Zeit ge- und noch plattere Füße erspart hat. Wenige Minuten später fuhr auch schon der Bus gen Stilfserjoch, der uns für knapp 3 EUR hinaufbringen sollte. Nach kurzem Zwischenstopp inklusive Museumsbesuch, um der Kälte und dem Regen zu entfliehen, ging es schiesslich auf der anderen Seite wieder runter gen Gomagoi. Kurz vor Ankunft konnten wir noch einen Blick auf den imposanten Westgrat zum Ortler werfen, der vom Tal aus doch deutlich schärfer aussah als z.B. auf Fotos vom Stilfserjoch. Unten machten Andi und ich Mittag im Gomagoier Hof, während Chris zu Fuß gen Sulden startete und darauf spekulierte, dass ihn jemand per Auto mitnahm. Mit recht gutem Timing kam Chris dann schliesslich bei uns vorgefahren und kutschierte mich noch mal rauf gen Sulden. Dort gönnten wir uns erst mal ein Bier auf die erfolgreiche Rückkehr und fassten den Entschluß den Ortler auf jeden Fall noch mal anzugehen, dann jedoch mit flexiblerem Start bei erfolgsversprechenderen Bedingungen. |
3. Tag: Teil 2 |
Sulden - Düsseldorfer Hütte |
Stats: | 3:00 h (16.00 - 19.00) - +850/-50 hm |
Die beiden fuhren dann wieder heimwärts, ich hatte ja noch mehr als eine Woche Urlaub, durfte nun also überlegen, was ich mit dem schlechten Wetter anstellen sollte. Letztlich entschied ich mich wie 2003 mal wieder für die Düsseldorfer Hütte, die anscheinend regelmäßig nach gescheiterten Ortler-Expeditionen als Nachtquartier herhalten muss ... Trotz Goretex-Jacke kam ich nach drei Stunden Dauerregen nicht gerade trocken im Halbdunkeln an der Hütte an, ein Weizen und ein Teller Bratkartoffeln mit Rührei sorgten für die Rückführung der verlorenen Kalorien und dann wurde auch schon geschlummert. |
4. Tag: |
Düsseldorfer Hütte - Tschenglser Hochwand - Düsseldorfer Hütte - Sulden |
Stats: | 12:00 h (07.40 - 19.35) - +760/-1580 hm |
Immerhin regnete es am kommenden Morgen nicht, aber es hatte ordentlich
geschneit über Nacht ... Ich beschloß zunächst gen
Tschenglser Hochwand zu starten, die ich bereits von 2001
kannte, vermutlich würde es bei den Bedingungen schon anstrengend
genug werden. Die Überschreitung der Vertainspitze schwebte mir
zwar auch immer noch vor, aber dafür war das Wetter einfach ungeeignet.
Nach bereits relativ kräftezehrendem Marsch kam ich schliesslich
zur Wegteilung, wo man entweder dem Normalweg oder einem Klettersteig
zum Gipfel folgen kann. Inzwischen gab es auch noch einen zweiten,
neuen Klettersteig, für den ich mich entschied. Der Einstieg
klappte soweit auch ganz gut, auch eine Steilstufe hangelte ich mich
noch recht gut hoch, doch dann zeigte sich, dass die Bedingungen für
den Steig recht heikel waren, denn es kamen öfter mal kleine
Naßschneelawinen von den höher gelegenen Felsen runter,
so dass der weitere Weg nicht sonderlich sicher schien. Am Punkt der
Umkehr erwischte mich auch ein kleines Schneebrett, doch ich hatte
es kommen sehen und mich gut am Seil festgehalten, so dass nichts
passierte. Nun blieb da noch diese Steilstufe, die ich anfangs recht
mühsam raufgekraxelt war. Im Abstieg sollte das alles andere
als ein Zuckerschlecken werden. Zunächst zog ich also meine Steigeisen
an, um nicht auf dem leicht vereisten Stück wegzurutschen. Da
ich jedoch kein Klettersteig-Set dabei hatte, konnte ich mich nicht
ins Drahtseil einhängen und bei den ersten Versuchen des Abstiegs
merkte ich, dass mir doch etwas mulmig wurde bei dem Gedanken die
ganze Steilstufe ungesichert runterzukraxeln. Nach etwas Grübeln,
wie ich nun wieder dort runterkommen sollte, fiel mir die Reepschnur
ein, die irgendwo in den Tiefen meines Rucksacks sein müsste.
Gut, dass ich sie beim Umpacken am Auto nicht rausgetan hatte! Aus
der Reepschnur wurde also geschwind eine Prusikschlinge gebastelt und
das Drahtseil als Fixseil missbraucht (sehr vorteilhaft war, dass
ich daheim noch mal alle Knoten geübt hatte ...), sodass ich
mich dann nach wie vor etwas zögerlich, aber doch etwas sicherer
fühlend über die Steilstufe ablassen konnte, eine Hand am
Fels bzw. am Drahtseil, die andere Hand in der Prusikschlinge am Drahtseil,
die Füße mit den Steigeisen in die Wand gestemmt ... Ufff.
Ich war ziemlich erleichtert, als ich die Steilstufe endlich hinter
mir hatte. Es ging also wieder zurück zur Weggabelung. |
Bilanz: | etwa +2650 hm in 4 Tagen (20.08. - 23.08.2005) absolviert |
Stats: | pro Tag durchschnittlich etwa +660 hm |
Irgendwie hat es wieder nicht sein sollen. Das Wetter war bereits
in den Tagen vor dem Tourstart etwas wechselhaft, direkt zum Tourstart
wurde relativ unbeständiges Wetter vorausgesagt mit viel
Regen bzw. Schnee. Wie lange dieses Tief anhalten sollte, war
noch ungewiss, also fuhren wir dennoch gen Sulden und hofften,
dass das schlechte Wetter nur ein oder zwei Tage dauern würde.
Leider wurden wir ziemlich enttäuscht, denn es herrschten
fast ununterbrochen alles andere als geeignete Bedingungen für
die angedachte Tour. |