Preview zur Transalp-Tour 2002 mit Eckdaten, Etappenplanung und Fotos

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1. Tag: Volders - Weer - Kolsassberg - Weidener Hütte
Stats: 20,50 km - 7,76 km/h AVS - 2:38 h (16.05 - 19.35) - 25,8 km/h MAX - +1300/-50 hm
Kurz nach 16.00 Uhr ist es dann endlich soweit - es geht los zu meiner vierten Alpenüberquerung. Nervös bin ich dennoch ein wenig, auch wenn ich ja bestens weiß, was mich erwarten wird ... Während wir am Auto die Bikes zusammenbauen und die Rucksäcke komplett packen, scheint noch die Sonne, aber es liegt bereits Regen in der Luft. Dummerweise zieht diese Schlechtwetterfront nicht an uns vorbei, sondern entlädt sich direkt über uns, kaum, dass wir die ersten Meter auf den Bikes absolviert haben ... Ich glaube trotz stärker werdenden Regens zunächst nur an einen kurzen Schauer, aber nach wenigen Minuten bleibt doch nichts anderes übrig als anzuhalten und die Regensachen überzuziehen sowie den Rucksack mit der Regenhülle zu verpacken. Der Regen verstärkt sich leider mehr und mehr, während es den anfangs noch geteerten Weg Richtung Weidener Hütte hinauf geht. Das Panorama Richtung Karwendel stimmt für die nächsten Kilometer Auffahrt nicht gerade optimistischer, aber nun ja, Augen zu und durch. Weiterhin vom Regen begleitet, strampeln wir also immer weiter den Berg rauf, wobei ich zu keinem Zeitpunkt einen entspannenden Trittrhythmus finde. Leider ... Zugegeben, es gibt einige knackige Anstiege bis zur Weidener Hütte und durch den aufgeweichten, inzwischen schlammigen Untergrund im Wald, den wir schon bald erreicht haben, wird die Auffahrt noch anstrengender, aber dennoch bin ich überrascht, dass mir die erste Etappe so schwer fällt. Ich halte öfter an, um die Beine etwas auszuschütteln und den schweren Rucksack kurz abzunehmen ...

Der Weg bis zur Weidener Hütte zieht sich ganz schön in die Länge, und da es keinerlei Panorama gibt und auch das Wetter nicht gerade Anlaß zur Freude gibt, bin ich mehr als froh, als wir endlich nach zähen 3 1/2 h an der Weidener Hütte ankommen. Erst mal tief durchatmen ... Wir sind beide ziemlich durchgefroren, da die Temperaturen bei der Auffahrt alles andere als sommerlich waren ... Schnell beziehen wir unsere Lagerschlafplätze und entledigen uns den nassen Klamotten, aber aus irgendwelchen Gründen gibt es weder Heizung noch normale Beleuchtung - lediglich das Notstromaggregat läuft. Zudem riecht es auf der Treppe nach oben stark nach Gas ... Mir ist schon am Abend klar, dass die Sachen am kommenden Morgen genauso naß sein würden, aber das ist zunächst mal egal. Daniel und ich machen uns einen gemütlichen Hüttenabend und lassen uns das erste Weizenbier der Tour richtig schmecken. Das Essen ist okay und hilft gegen den gröbsten Hunger, aber sonderlich viel ist es dennoch nicht. Wir plaudern noch sehr nett mit einem Pärchen aus Stuttgart, bevor wir uns rechtzeitig ins Lager zurückziehen. Aufgrund des plötzlichen Wetterumschwungs habe ich über den Abend langsam Kopfschmerzen bekommen, so dass ich froh bin endlich auf meiner Matratze zu liegen und mich ausruhen zu können. Während ich so da liege und noch ein wenig friere, kreisen meine Gedanken nach dem ersten Tag von Transalp 2002 um die kommenden Etappen. Ich bin gespannt, was uns noch alles erwarten wird ...

Auffahrt von Weer bei richtigem Sauwetter ... Gemütlicher Abend auf der Weidener Hütte


2. Tag: Weidener Hütte - Geiseljoch - Gde. Tux - Finkenberg - Schlegeisspeicher - Pfitscher Joch - St. Jakob
Stats: 65,87 km - 11,86 km/h AVS - 5:33 h (08.55 - 19.10) - 60,6 km/h MAX - +2000/-2350 hm
Die Nacht bringt leider nicht die gewünschte Erholung. Ich bin mehrfach wach und auch die Kopfschmerzen sind nicht wirklich besser: Ich frage mich ernsthaft, wie ich die Strapazen des kommenden Tages überhaupt schaffen will, als ich gegen 04.00 Uhr mal wieder wach werde. So mies habe ich mich auf einer Transalp-Tour bisher noch nie gefühlt ... Mir geht es alles andere als gut, so dass ich eine weitere Kopfschmerztablette nehme und mich noch mal für knapp drei Stunden rumdrehe. Kaum, dass ich dann aufgestanden bin, geht's runter in den eiskalten "Trockenraum", und ich schaue nach den Klamotten, doch wie erwartet bzw. befürchtet sind sie über Nacht fast gar nicht getrocknet, so dass ich in ein feuchtes Trikot schlüpfe. So naß wie sie ist, entscheide ich mich gegen meine Radlerhose und ziehe statt dessen meine kurze Hose (Badeshort) an, die eigentlich für die Hüttenabende gedacht ist ... Man muß auch mal improvisieren können :-) Nach einem ordentlichen Frühstück geht's raus vor die Hütte zum Wettercheck, der ergibt, dass es immer noch recht unfreundlich ist, aber schon besser als am Vorabend. Das Waschen fällt (bei mir zumindest) recht kurz aus, da das Wasser richtig schön kalt ist und die Beleuchtung im Waschraum recht spärlich ist. Schon wenig später sind wir gut eingepackt zum Aufbruch bereit und nach einem letzten Foto vor der Hütte heißt es Kette links und raufkurbeln Richtung Geiseljoch.

Auf einem mühsamen, aber komplett fahrbaren Weg geht es langsam bergauf, wobei es leider beständig feucht bleibt von oben. "Highlight" bei der Auffahrt ist eine schmale Stelle, an der ich versuche fahrend voran zu kommen. Es geht steil bergauf und dann in einer Art Spitzkehre durch ein kleines Bachbett. Irgendwie lenke ich zu stark ein, mein Bike bäumt sich auf, und ich verliere mit dem Vorderrad kurzzeitig den Bodenkontakt. Dabei zieht es mich samt Bike vom Pfad runter und mein Vorderrad ist bei der Landung bereits ein Stück weit den seitlichen Abgrund runtergerutscht! Das einzige was neben dem Blockieren beider Bremsen nun noch hilft ist der kontrollierte Abgang vom Bike, um nicht mit samt diesem den Abhang runterzurutschen ... Ich lasse mich also auf die Seite fallen und verhindere damit Schlimmeres. So kann's gehen, wenn man mal kurz nicht aufpaßt :-) Daniel ist bereits voraus gefahren und hat nichts von meiner etwas ungeschickten Aktion mitbekommen, aber als ich ihm oben am Joch davon erzähle, kann er ein Grinsen auch nicht ganz verbergen. Naja, sonst ist die Auffahrt aber okay gewesen. Die Aussicht am Geiseljoch ist aufgrund des Wetters nicht so schön, wie ich sie von einigen Bildern aus dem Internet kenne, aber ich bin zuversichtlich, dass es noch aufreißen wird an dem Tag.

Nach kurzer Rast geht es auf einer schönen, aber unspektakulären Abfahrt bis Finkenberg, wo wir einen Zwischenstopp zum Lebensmittelkauf machen. Daraufhin folgt eine lange und kraftraubende Auffahrt zum Schlegeisspeicher auf Asphalt. Leider finde ich dabei kaum zu meinem Tritt-Rhythmus, und somit empfinde ich die Auffahrt als recht zäh. Da das Wetter auch nach wie vor sehr wechselhaft ist, hält sich meine Stimmung auf diesem Wegabschnitt ziemlich in Grenzen ... Was mich kurz vor dem Stausee jedoch ein wenig aufheitert, ist eine kameraliebende Ziegen-Familie - süß! Ich bin froh, als wir endlich oben am Stausee sind und ich dort bei schöner Aussicht wieder ein bißchen zu Kräften kommen kann. Die sind nun auch wieder gefragt, denn die erste Schiebe-/Tragepassage der Tour bis zum Pfitscher Joch steht uns bevor. Zu Beginn sind zwar noch wenige Trail-Meter fahrbar, aber spätestens ab einer kleinen Holzbrücke geht es nur noch per pedes weiter. Ich entscheide mich bald fürs Tragen des Bikes quer über den Rucksack, da das einseitige Schultern bzw. das Schieben und stellenweise Zerren des Bikes über Steilstufen etc. nicht gerade angenehm ist. Mit dem Bike quer über dem Rucksack ist zumindest der Körperschwerpunkt weitestgehend unverändert, und man kann vom Gewicht auf den Schultern abgesehen ganz gut marschieren. Mit der Zeit wird's trotz allem ziemlich anstrengend, doch da mir mein Hintern schon ein wenig weh tut aufgrund der Badeshort, die ich trage, geht die Wanderpassage schon in Ordnung für mich ... Außerdem ist die Landschaft richtig schön! Nach einigen kurzen Regenschauern wird das Wetter zum Joch hin auch immer besser, wobei die Wolken rasend schnell über die umliegenden Bergkuppen ziehen. Ein tolles Schauspiel. Kurz vorm Joch treffen wir zwei andere Alpencrosser, die sich beim Schieben/Tagen doch etwas schwerer tun. Sie wollen auch nach Riva, haben jedoch eine kürzere Route geplant, da sie von dort noch weiter nach Rom wollen. Als wir vier endlich alle am Joch und damit an der Grenze zu Südtirol sind, wird endlich meine Vorahnung vom Morgen bestätigt: Schönes Wetter voraus! Bella Italia!

Nach kurzer Rast geht es für uns dann entlang eines kleinen, idyllischen Sees zum finalen Downhill weiter, während die beiden Jungs ihr Quartier im Pfitscherjoch-Haus aufschlagen. Die Abfahrt ins Tal ist bei dem traumhaften Wetter ein wahrer Genuß. Daniel macht die softe Schotterpiste ebenso viel Spaß wie mir, und so rollen wir lediglich von dem einen oder anderen Fotostopp unterbrochen runter bis St. Jakob. Nach ein wenig Suchen und Preisvergleich entscheiden wir uns für den Gasthof Hofer. Zu einem guten Preis haben wir eine tolle Unterkunft und genießen nach dem langen Bike-Tag ein 4-Gänge-Menü. Spitze! Satt und zufrieden geht es irgendwann dann auch ins Bett und ich freue mich bereits auf den kommenden Tag mit dem Pfunderer Joch. Ich bin gespannt, wie weit ich dieses Mal fahrend komme und ob uns noch Schnee erwartet bei der Abfahrt ...

Bei Nieselregen am Morgen vor der Weidener Hütte
Feucht-fröhliche Strampelei zum Geiseljoch
Am Geiseljoch

Panorama vom Geiseljoch

Ziegen kurz vorm Schlegeisspeicher
Schlegeisspeicher Noch fahrbarer Trail kurz nach dem Schlegeisspeicher

Schiebepassage Richtung Pfitscher Joch   Beim Aufstieg zum Pfitscher Joch   Am Pfitscher Joch scheint endlich wieder die Sonne

Blick zum Pfitscher Joch-Haus Herrliche Schotterpiste nach St. Jakob I

Herrliche Schotterpiste nach St. Jakob II Tolles Panorama beim Downhill nach St. Jakob


3. Tag: St. Jakob - Fußendraß - Pfunderer Joch - Weitenbergalm - Dun - Pfunders - Weitental - St. Lorenzen - St. Vigil - Rif. Pederu
Stats: 82,39 km - 12,59 km/h AVS - 6:32 h (09.00 - 20.00) - 63,7 km/h MAX - +2150/-2050 hm
Mit einem richtig üppigen Frühstück im Magen machen wir uns gegen 09.00 auf den Weg zu einer der längsten Etappen der Tour. Gleich zu Beginn, als der Abzweig in den Wald Richtung Pfunderer Joch kommt, fühle ich mich wie bereits ein Jahr zuvor, als ich ja schon mal an dieser Stelle stand. Ein wenig sehnsüchtig blicke ich rechts den Hang hinauf, wo man deutlich die Serpentinen erkennt, die vom Schlüsseljoch runterkommen. Die Abfahrt von dort war einfach spitze gewesen ... Für uns heißt es nun jedoch Kette links und alles geben, denn die Auffahrt zum Pfunderer Joch ist alles andere als ein Kinderspiel. Wie gewohnt schraubt sich die Piste steil und zäh durch den Wald langsam hinauf, wobei die Kurbelei ganz schön an die Substanz geht. Im kleinsten Gang übernehme ich die "Pace" und strampele mit stetigen 4-5 km/h langsam weiter bergauf. Das Entscheidende bei solch langen und zähen Anstiegen ist einfach, dass jeder seinen Rhythmus findet und man kein zu hohes Tempo geht. Daniel sieht das genauso und so fährt er sein Tempo mit seinem etwas kleineren Berggang. Nachdem wir den Wald verlassen haben und die ersten knapp 500 hm in unseren Waden stecken, ändert sich die Landschaft schlagartig und man hat ein großartiges Panorama um sich herum. Der Blick zurück Richtung Schlüsseljoch ist wieder mal klasse! Wir machen ein kurze Rast und "saugen" die tolle Atmosphäre in uns auf, bevor es weiter über die steile Piste bergauf geht.

Kurz vor der für mich altbekannten Überquerung der Großberg-Bach-Brücke wird der Pfad deutlich ruppiger, aber das Panorama wird immer besser. An der verfallenen Brücke angekommen, heißt es zunächst mal zu rasten und ein wenig zu relaxen. Auch lassen wir es uns beide nicht nehmen, ein überaus erfrischendes Fußbad im eiskalten Bach zu nehmen. Herrlich, genau wie im Vorjahr! Wir füllen unsere Flaschen auf und lassen noch insgesamt vier andere Biker an uns vorbeiziehen, von denen zwei anscheinend keinerlei Sinn für die Natur haben. Außer einem etwas mürrisch klingenden Gruß ist mit ihnen nicht viel los, und sie schieben dann weiter die Piste rauf. Selbst dran schuld, wer hier nicht mal kurz anhält und sich an der Landschaft erfreut bei einer angenehmen Rast! Die beiden anderen, ein Mann und eine Frau, sind dagegen deutlich gesprächiger und wir plaudern ein bißchen mit ihnen, bevor wir dann auch aufbrechen. Ich habe mir vorgenommen soviel wie möglich der Piste bis zum Joch fahrend zu absolvieren, und so habe ich in Kürze die vier anderen Biker hinter mir gelassen, die zum Teil schieben oder noch langsamer als ich den rampenartigen Pfad raufkeuchen. Ich fahre nur wenige hundert Meter, bis ich anhalte um kurz zu verschnaufen und Daniel bei der Auffahrt zu knipsen. Die beiden wortkargen Biker ziehen schließlich an mir vorbei, als ich noch faul auf der Wiese sitze und etwas Sonne tanke. Mir egal. Ich lasse es mir gut gehen und habe keine Eile!

Ein paar Meter weiter folgt eine nette Bachdurchquerung und spätestens ab dort fängt ein richtiger Kampf mit dem Berg an. Ich sehe, wie die zwei Biker weiter oben nur noch schieben, doch ich gebe noch nicht auf. Mit einem ruhigen Tritt-Rhythmus und etwas Gleichgewichtssinn kurbele ich äußerst langsam die nach und nach zum Trail werdende Piste weiter rauf. Bei den allerletzten Steilserpentinen muß ich dann aber auch die Segel streichen - es geht nichts mehr. Schwer atmend beuge ich mich über meinen Lenker, um wieder etwas zu Kräften zu kommen. Puh, ein hartes Stück Arbeit dieses Pfunderer Joch! Mit etwas mehr Schieben wäre es gewiß leichter ... Nach wenigen Metern Schieben, das Joch bereits in greifbarer Nähe, schwinge ich mich noch mal auf den Sattel und strampele die letzten Meter bis zum höchsten Punkt. Ein grandioses Gefühl hier raufzustrampeln mit Ausblick auf den Hochfeiler! Statt nun gleich zu rasten, hole ich zunächst geschwind die Kamera aus dem Rucksack und halte die letzten Höhenmeter von Daniel sowie seine "Zielankunft" fest. Wir sind beide froh, dass wir den höchsten Punkt unserer Alpenüberquerung erreicht haben, und - ganz klar - hier oben folgt nun kollektiv die wohlverdiente Rast. Nachdem wir uns ausreichend erholt haben und das tolle Panorama in alle Richtungen genossen haben, geht es an den Trail bergab.

Vom Vorjahr kenne ich die Abfahrt ja eher als "Ski-Piste", doch dieses Jahr ist lediglich ein hartes Schneebrett direkt oben am Joch, ansonsten ist der Weg frei zum Biken. Das erste Steilstück ist erst nach ein paar Metern Schieben fahrbar, aber dennoch muß ich mich voll konzentrieren, um beim Bremsen nicht wegzurutschen bzw. über den Lenker zu segeln. Der schwere Rucksack tut sein Übriges, so dass ich froh bin, als es etwas flacher wird. Je weiter man kommt, desto besser wird der Trail. Dieser Downhill macht einfach riesig Spaß - nicht zuletzt durch das spitzenmäßige Bergpanorama vor einem! Weiter über herrliche Passagen schlängelt sich der Pfad immer weiter runter gen Tal. Leider schaffe ich es nach einem kurzen Stopp, um die Landschaft zu bewundern, an einer verhältnismäßig leichten, wenn auch abschüssigen Passage, mit dem Vorderrad im sandigen Untergrund wegzurutschen ... Ich falle nach links um und lande unangenehm auf meinem seitlichen Oberschenkel, der sofort leicht zu bluten anfängt. Ich diagnostiziere einen ordentlichen Bluterguß und eine Schürfwunde, doch ich kann das Bein noch bewegen und die Blutung wird von der Radlerhose gestoppt. Also schwinge ich mich, wenngleich auch ein wenig gehandicaped, wieder aufs Bike und fahre Daniel hinterher, der von meiner ungeschickten Aktion nichts mitbekommen hat, weil er schon um die nächste Ecke rum war. Als ich ihn wieder treffe, offenbare ich ihm meinen Sturz, aber ich gehe davon aus, dass sich der Bluterguß langsam wieder bessern wird. Die Wunde will ich mir am Abend beim Duschen genauer ansehen und ggf. noch etwas verarzten, doch für den Augenblick geht es auch so.

Auf den letzten, zum Teil recht steilen und engen Pfadserpentinen runter zur Weitenbergalm müssen wir uns beide noch mal ordentlich anstrengen, denn ohne entsprechend vorsichtige Fahrweise und etwas Geschick auf dem Bike hat's einen dort schnell hingelegt. Bis auf wenige Kehren kommen wir fahrend runter und genießen in der Nähe der Alm eine kurze Rast nach dem nicht ganz leichten Downhill. In Pfunders treffen wir schließlich die beiden Biker auf der Terrasse eines Gasthauses wieder, und wir setzen uns dazu, da Daniel eine Kleinigkeit futtern will. Im Gespräch stellt sich heraus, dass die beiden auch einen Alpencross machen, jedoch haben sie nach eigener Aussage einen "Daypack"-Rucksack dabei, der kaum Ausrüstung enthält. Außerdem haben sie recht lange Tagesetappen geplant mit durchschnittlich mehr als 2000 hm am Tag. Komische Leute, aber na gut, jeder, wie er meint.

Bis St. Lorenzen geht es weiter über die Straße bzw. den Radweg abseits davon, jedoch kosten diverse kurze Gegenanstiege immer wieder einiges an Kraft und Überwindung. In der Hoffnung, in Pfarre Enneberg eine brauchbare Unterkunft zu finden, kurbeln wir die wenig befahrene Straße ab St. Lorenzen über etwa 500 hm bergauf, doch oben angekommen müssen wir feststellen, dass es keine Übernachtungsmöglichkeit gibt. Die wenigen Häuser, die von außen den Anschein erwecken, als könne man dort übernachten, haben entweder geschlossen oder wir werden abgewiesen mit dem Hinweis, in St. Vigil zu schauen. Also geht's zähneknirschend weiter nach St. Vigil, was ich noch aus dem Jahr zuvor als recht teuer in Erinnerung habe. So kommt es dann auch wie es kommen mußte: Selbst die einfachen Hotels oder Garnis kosten um die 35 € nur mit Frühstück, was uns zu teuer erscheint. Was tun?!? Inzwischen ist es schon nach 18.30 und so langsam macht sich zum einen die Ermüdung bemerkbar und zum anderen wollen wir eigentlich auch nicht zu spät ankommen, um noch ausreichend Zeit zum Regenerieren zu haben.

Wir beschließen nach kurzem Hin und Her ohne vorherigen Anruf auf gut Glück zur Pederu-Hütte im Fanes-Nationalpark zu strampeln. Im Tal dorthin vermuten wir noch eine andere Hütte mit Übernachtungsmöglichkeit, doch wir merken schnell, dass dies ein Trugschluß ist ... Mist! Nun heißt es also Zähne zusammen beißen und die gut und gerne 12 km inkl. knapp 300 hm zum Rif. Pederu zu absolvieren. Und dann müssen wir einfach darauf vertrauen, dass die noch zwei Schlafplätze für uns haben ... Die Strecke zieht sich gewaltig in die Länge, und wir fahren beide im roten Bereich, da wir zu wenig zu trinken haben und auch der Hunger immer stärker wird. Ich bin richtig froh, als ich nach einer halben Ewigkeit endlich die Hütte am Straßenende erblicke und noch froher, als wir dort angekommen drinnen erfahren, dass sie noch zwei Schlafplätz haben und dass es auch noch etwas Warmes zu Essen gibt. Wunderbar! Ein Teller Spaghetti und etwas Rotwein bzw. Bier sorgen dafür, dass ich wieder langsam zu Kräften komme. Während Daniel schon die wohltuende Dusche genießt, gehe ich noch ein paar Schritte raus vor die Hütte und genieße die schöne Abendstimmung. Das sind die Momente, in denen man ganz schnell die Strapazen des Tages vergißt und sich einfach an der Natur erfreuen kann! Schließlich gehe ich auch wieder rein und hüpfe unter die Dusche, wobei ich dann auch das ganze Ausmaß des Sturzes vom Vormittag sehe. Rein von den Farben her sieht mein Oberschenkel nicht sonderlich gut aus - aber es gibt Schlimmeres. Und ich vertraue darauf, dass der blaue Fleck in Kürze besser ist ... Ziemlich geschafft nach diesem langen Etappentag fallen wir bald schon in unsere Betten und schlummern friedlich.

Harte Auffahrt zum Pfunderer Joch, im Hintergrund liegt das Schlüsseljoch Kurz vor der Bachquerung auf dem Weg zum Pfunderer Joch
Bachquerung

Kleine Kneippkur :-)
Auffahrt zum Pfunderer Joch
Nicht mehr weit bis zum Pfunderer Joch

Die letzten paar sehr steilen Meter zum Pfunderer Joch
On top: Das Pfunderer Joch Panorama am Pfunderer Joch

Sehr steiler Trail vom Pfunderer Joch   Der Trail wird immer besser   Blick auf die Abfahrt vom Pfunderer Joch

So macht Biken Spaß!
Blick hinunter zur Weitenbergalm  

Rast kurz hinter der Weitenbergalm Abendstimmung am Rif. Pederu


4. Tag: Rif. Pederu - Rif. Fanes - Limojoch - Cortina d'Ampezzo - Rif. Croda da Lago - Forc. Ambrizzola - Rif. Citta di Fiume - Forc. Staulanza
Stats: 47,74 km - 8,54 km/h AVS - 5:35 h (08.45 - 18.45) - 44,1 km/h MAX - +1900/-1650 hm
Die Nacht findet zu früh ein jähes Ende, als mich der Wecker aus dem Schlaf reißt. Gerne hätte ich noch ein bißchen länger geschlafen ... Mit einem recht ordentlichen Frühstück im Magen machen wir uns gegen 08.45 auf den Weg, und gleich zu Beginn geht es die stellenweise sehr steile Schotterpiste zur Fanes-Hütte hinauf. Dabei merke ich schnell, dass meine Beine heute schwer sind. Zu allem Überfluß schmerzt auch noch mein Hintern, aber bevor ich deshalb schiebe, reiße ich mich lieber etwas zusammen und trete feste in die Pedale - Schiebepassagen werden im restlichen Verlauf der Tour noch früh genug kommen ... Ziemlich störend empfinde ich es, dass die Touristen auf Wunsch ab der Pederu-Hütte mit einem Shuttle-Jeep bis zum Rif. Fanes hinauf transportiert werden. Alles, was recht ist, aber das finde ich eindeutig am Ziel vorbei, wenn man auch noch bis vor die Hüttentür gefahren wird. Während der Auffahrt kommen mindestens vier Jeeps an mir vorbei und wirbeln den Staub auf, außerdem auch noch ein Traktor, der was-auch-immer vor hat in den höheren Bergregionen. Im Vorjahr hatte ich so was hier noch nicht erlebt ...

Daniel ist mal wieder vorgefahren, da ich nur schwer in meinen Tritt finde, und so teile ich mir meine Pausen ganz gemütlich ein. Auf halber Strecke mache ich eine Rast am neben dem Weg verlaufenden Bach. Ich möchte unbedingt auf die andere Bachseite und von dort dann ein Foto über den Bachverlauf hinweg auf die Berge hinten dran knipsen. Ich überlege mehrfach, an welcher Stelle man am besten über den Bach kommen könnte, ohne in selben zu fallen bzw. mitten durch wandern zu müssen. Schließlich entscheide ich mich für eine Stelle, setze meinen Fuß auf den "Absprungstein", stoße mich ab - und Sekundenbruchteile später liege ich auch schon halb im Bach ... Beim Absprung rutscht mein Fuß auf dem glitschigen Stein weg, so dass ich unfreiwillig das Gleichgewicht verliere. Mit beiden Beinen bzw. Füßen zugleich lande ich direkt im kalten Bach, während ich die meiste Energie mit dem rechten Unterarm abfange, als ich auf den "Zielstein", einen großen Brocken, vor mir hinstürze ... In der rechten Hand halte ich auch meine Kamera, doch instinktiv lasse ich sie bei der ganzen Aktion nicht los und halte sie noch so hoch, dass sie weder gegen den Felsen kracht noch dass das Spritzwasser sie richtig erwischt. Dafür ist sowohl ein Teil meiner Hose als auch ein bißchen von meinem Trikot naß geworden. Habe ich es wieder mal geschafft :-) Nun habe ich also auch noch eine Schürfwunde am Arm ... Das Foto knipse ich zwar noch, aber irgendwie bin ich ein wenig bedient und fluche noch leise vor mich hin, während ich dann komplett durch den Bach zurück wate (jetzt ist's mir auch egal!).

Die Kamera getrocknet und wieder auf dem Bike geht es zunächst eine kurze steile Passage hinauf, bei der ich wieder ein wenig ins Keuchen komme, dann wird es etwas flacher, und ich mache nach ein paar Kurven unweit vom Rif. Fanes eine kleine Rast am Bach. Hier ist es einfacher ein schönes Motiv zum Knipsen zu finden, denn ich kann nun ja auch mitten in den Bach hinein mit meinen nach wie vor quietschnassen Füßen :-) Kaum dass ich den Blick in Richtung Kreuzkofel-Gruppe festgehalten habe, geht es auch schon weiter, und wenig später treffe ich Daniel am Abzweig zum Rif. Lavarella. Er erzählt mir, dass er gerade ein Murmeltier in Aktion erlebt und geknipst hat, während ich ihm von meiner schusseligen Bachüberquerung berichte ... Die letzten steilen Meter zur Fanes-Hütte schaffen wir recht gut, und bis auf ein Foto von der Fanes-Hütte mit Bergpanorama gönnen wir uns auch keine unnötige Rast, sondern machen uns gleich an den nun noch steileren Schotterweg zum Limojoch. Bis zum Joch hinauf sind es knappe 10 Minuten zu strampeln, aber diese am Stück und mit dem schweren Gepäck auf dem Rücken zu absolvieren ist sicherlich nicht ganz leicht. Wieder einmal sehe ich mich mit meinem inneren Schweinehund konfrontiert, doch ich gebe nicht auf und trete mit allem, was die Beine heute hergeben, in die Pedale. Mein Puls ist hierbei sicherlich mal wieder im roten Bereich, aber das Ende ist nicht weit, und so kurbele ich bis zum höchsten Punkt hinauf. Geschafft! Ufff, erst mal durchschnaufen ...

Schließlich machen wir uns beide an die landschaftlich wunderschöne Abfahrt in Richtung Cortina. Auf halber Strecke treffen wir einen Rennradfahrer, der uns auf Englisch anspricht und uns berichtet, dass er bis zum Limojoch hinauf will. Respekt! Ich frage mich zwar leise, wo da der nähere Sinn liegt, denn mit dem Rennrad kommt er sicherlich nur wenig auf seine Kosten, aber nun ja. Wir machen noch Erinnerungsfoto für ihn mit seiner Kamera, verabschieden uns und holpern weiter ins Tal über die tolle Schotterpiste. Mit kurzer Rast an der Ponte Alto-Schlucht erreichen wir bald die Straße und rollen nach Cortina rein, wo wir in der Pizzeria, die ich noch aus dem Vorjahr kenne, Mittag machen. Was bin ich wenig später froh, dass wir ausgiebig gefuttert haben, denn die folgende Auffahrt zum Rif. Croda da Lago verdient wie keine Auffahrt zuvor das Prädikat "steil". An manchen Stellen saugt es mir nur so die Energie aus den Waden, doch ich will nicht schieben und keuche Meter für Meter weiter hinauf. Daniel ist stellenweise zum Laufen übergegangen und - wie könnte es anders sein - ist dabei nicht mal langsamer als ich ... Allein das Teilstück bis zur Malga Fedara über knapp 550 hm ist richtig heftig, doch mit kurzen Pausen, die ich meinem Puls zwischenzeitlich gönne, schaffe ich es tatsächlich bis zur Alm zu strampeln.

Ab da taugt der "Weg" nur noch zum Kraxeln. Selbst schiebend tun wir uns ganz schön schwer, manche Rampen zu erklimmen, zu mal der Untergrund alles andere als gut fahrbar ist. Nur bei ganz kurzen Abschnitten schwingen wir uns noch mal aufs Bike, doch letztlich erreichen wir per pedes den herrlich gelegenen See mit dem kleinen Rifugio nebendran. Herrlich! Auch wenn die kräftezehrende Passage bis dort oben ganz schön an die Substanz ging, so genießen wir es beide in vollen Zügen hier zu sein. An einer Wasserstelle vor dem Rifugio laben wir uns ausgiebig, und dann lassen wir uns am See nieder und genießen einfach nur die wunderschöne Aussicht. Was will man mehr?!? Da wir jedoch noch einige Kilometer vor uns haben, können wir nicht allzu lange am Ufer dösen, sondern machen uns auch bald schon weiter zur Forcella Ambrizzola. Der Pfad dorthin ist insgesamt relativ mühsam zu bewältigen und einige kurze Abschnitte müssen wir auch schieben, aber landschaftlich ist es ein wahrer Traum. Kaum, dass Daniel auch die letzten Meter zur Scharte hinaufgestrampelt ist, genießen wir beim kollektiven Verschnaufen die Umgebung um uns herum. Die ganze Gegend ist ein herrliches Foto-Revier, und Daniel muß mich mehrfach zur Weiterfahrt drängen, da ich dort am liebsten ausgiebig Bilder geknipst hätte.

Auf dem folgenden kurzen Schiebestück hat man noch mal eine tolle Aussicht zurück zur Forcella Ambrizzola, und wenig später können wir auch wieder im Sattel den nun vor uns liegenden Trail in Angriff nehmen. Einfach klasse! Beim Downhill stoppen wir kurz und halten den netten Panorama-Blick zum Monte Pelmo fest, bevor wir weiter über tolle Bergpfade zum Rif. Citta di Fiume gelangen. Über Schotterpisten und letztlich noch ein paar Höhenmeter hinauf auf Asphalt erreichen wir wieder mal recht spät unser Etappenziel, das Rif. Staulanza. Obwohl wir ohne Reservierung da sind und eine größere Gruppe an Gästen da ist, haben wir Glück und bekommen noch ein Zimmer. Weiter hätte ich auch ungern fahren wollen ... Während des sehr guten und üppigen Abendessens gehe ich zwischenzeitlich noch mal kurz vor die Tür und erfreue mich an der Abendstimmung am Monte Pelmo, dann sitzen wir drinne noch ein bißchen bei unseren Bieren, plaudern nett mit dem Gastwirt und ziehen uns nach dieser herrlichen Bike-Etappe nicht allzu spät auf unser Zimmer zurück, wo wir bald schon erschöpft einschlafen.

Erfrischung am Bach kurz vor der Faneshütte Faneshütte Strampeln übers Limojoch

Sehr steile Auffahrt zur Malga  Federa Idylle am Rif. Croda da Lago
Die letzten harten Meter zur Forcella Ambrizzola

Blick zurück zur Forcella Ambrizzola   Panorama Richtung Monte Pelmo   Schöner Blick auf den Monte Pelmo


5. Tag: Forc. Staulanza - Pra della Costa - Fernazza - Alleghe - Cencenighe Agordino - Pte. di Mulan - Canale d'Agordo - Falcade - Pso. di Valles - Val Venegia - Baita Segantini - Pso. di Rolle - S. Martino - nähe Malga Crel (Weg 350) - Forc. di Calaita - Lago di Calaita - nähe Zortea - Caoria - Rif. Revavaie
Stats: 100,81 km - 13,27 km/h AVS - 7:35 h (08.45 - 19.45) - 80,9 km/h MAX - +2500/-3150 hm
Am Morgen sind wir wieder recht zeitig auf den Beinen, trödeln auch nicht allzu lange beim Frühstück und sind nach einem Abschiedsfoto in der Morgensonne mit Monte Civetta gegen 08.45 abfahrbereit. Direkt geht es ordentlich zur Sache mit einer schweißtreibenden Auffahrt mit kurzem Schiebestück bis zu einem Skilift. Dort oben finden wir noch die Beschilderung von der Adidas BIKE Transalp Challenge 2001 - für mich ein tolles Gefühl auf den Spuren der TC unterwegs zu sein. Der noch leicht feuchte Wiesentrail mit toller Aussicht macht gleich zu Beginn richtig Laune und signalisiert den Anfang einer kaum enden wollenden Trail-Orgie bis runter nach Alleghe. Da auch ein paar schwierig zu fahrende Passagen dabei sind, werde ich schneller als gedacht meine Restmüdigkeit los, während ich über den nun mehr mit Wurzeln und Steinen gespickten Waldweg holpere ... Wir genießen beide die abwechslungsreiche Piste, die sich nach der schönen Passage durch den Wald weiter den Hang entlang schlängelt und im letzten Drittel herrliche Ausblicke auf den See von Alleghe bietet. Die Piste mündet am Ende in einem kleinen Bergdorf, das man auf zum Teil recht steilen und verwinkelten Weglein durchfährt. Spitze!

In Alleghe machen wir einen kurzen Einkaufsstopp und fahren daraufhin bis kurz vor Falcade zunächst weiter auf Asphalt, dann einen schönen Radweg den Bach entlang bis zu einer Parkanlage mit Grillplatz, wo reges Treiben herrscht. Es ist eine echt harte Probe für uns den Geruch von Gegrilltem in unsere Nasen zu bekommen! Und dass, wo wir zum einen langsam wieder Hunger bekommen nach dem Frühstück und ansonsten natürlich durch unsere Biker-Nahrung in den vergangenen Tage nicht sonderlich abwechslungsreich gegessen haben ... Wir machen dennoch eine Rast, um unsere Flaschen an einem Zapfhahn im Park zu füllen und einen Happen von unserem Proviant zu essen. Mir läuft zwar immer noch das Wasser im Munde zusammen bei den saftigen Steaks auf dem Grill, der ja quasi vor meiner Nase steht, aber was nicht ist, ist halt nicht ... *Seufz* Schließlich brechen wir auf zur langen, sehr zähen Asphaltauffahrt zum Passo di Valles. Sie ist nicht sonderlich steil, aber es ist richtig heiß und ich versuche zumindest immer 10 Minuten am Stück zu fahren, bevor ich meinem ausgelaugten Körper die fällige Verschnaufpause gönne und die müden Beine ausschüttele. Von meinem Hintern ganz zu schweigen, der sich auch wieder mal meldet ... Endlich nach schier ewiger Auffahrt sind wir oben am Paß, aber es ist alles so touristisch, dass wir gleich weiterfahren und uns keine einzige Minute dort aufhalten.

Eine kurze Abfahrt läßt ein wenig Erholung zu, dann geht es hinein ins Val Venegia. Dieses Tal bietet normalerweise imposante Bergpanoramen, die schon für manchen Spielfilm als Kulisse dienten, doch wir haben nun leider Pech mit dem Wetter, da es leicht zu tröpfeln beginnt und bedrohlich dunkle Wolken aufziehen. Bis zum Erreichen der Malga Venegiota geht es zudem recht lebhaft zu, da zahlreiche Italiener auf den Beinen sind. Kurz nach der Alm ereilt mich relativ unerwartet ein plötzlicher Durchhänger. Ich merke, wie mein Körper einfach schlapp macht, so dass ich mich erschöpft auf einer Bachbrücke niederlasse und erst mal eine Banane mümmele. Kann ja nicht schaden ... Außerdem trinke ich einiges, da ich bei der brütenden Hitze zuvor sehr viel Flüssigkeit verloren habe. Dennoch fühle ich mich zunächst alles andere als gut, sitze einfach nur da und starre recht lustlos in die Gegend. Langsam beginne ich auch zu frieren in meinen kurzen Sachen, doch die Motivation zum Kramen nach wärmeren Klamotten in meinem Rucksack ist noch zu gering ... Daniel überredet mich schließlich zur Weiterfahrt, denn das Wetter wird nicht gerade besser und wir haben noch einiges vor uns für diesen Etappentag. So schwinge ich mich also wieder auf mein Bike und kurbele ganz langsam los, bis mich nach wenigen Metern der etwas abschüssige Schotteruntergrund kurzzeitig zum Absteigen zwingt. Irgendwie fehlt nun auch die Kraft, fester zu treten, so dass ich dann eben einfach ein wenig Fußmarsch hinter mich bringe ...

Inzwischen ist aus dem leichten Tröpfeln ein richtiger Regenschauer geworden, auch wenn er noch nicht in voller Stärke auf uns herunterprasselt. Beinahe in Trance lege ich nun Höhenmeter für Höhenmeter auf der Schotterpiste durch das sonst so idyllische Tal zurück, bis ich ziemlich fix und alle trotz etlicher kurzer Verschnaufpausen endlich die Baita Segantini erreiche. Daniel ist schon etwas vor mir da und aufgrund der Tatsache, dass der Wolkenbruch nun immer heftiger wird, packen wir eilig erst unsere Ausrüstung und dann uns so wasserfest wie möglich ein und begeben uns nach einem Foto der Baita Segantini mit schöner Bergkulisse auf die Abfahrt zum Passo Rolle. Die leicht zu fahrende Abfahrt ist schnell hinter uns gebracht, und vom Paß geht es bis San Martino di Castrozza auf Asphalt bergab. Die alternative Trail-Piste abseits der Straße macht bei diesem Wetter wenig Sinn und außerdem würde es dann auch noch knapper mit der Zeit werden ... Die ganze Straße steht unter Wasser, so dass ich zunächst auf einem Parkplatz anhalte und meine Sonnenbrille auspacke, die mir schon in den vergangenen Jahren bei solchem Wetter mehrfach treue Dienste geleistet hat. So bekommt man wenigstens nicht direkt das Spritzwasser in die Augen, auch wenn das Sichtfeld ein wenig eingeschränkt wird ... Während Daniel schon die ersten paar Kurven hinter sich gebracht hat, lasse ich es mir nicht nehmen noch die wolkenverhangene und durchaus interessante Bergatmosphäre für die Nachwelt festzuhalten, bevor ich mich an die Aufholjagd mache. Klare Sache, dass ich mich nach wenigen hundert Metern wieder mal am angenehmen Gefühl erfreuen kann, dass das Wasser in meinen Schuhen steht :-)

Unten in San Martino angekommen, erwartet uns dann zum einen ein recht belebter Ort (trotz Sonntag) und zum anderen auch Sonnenschein. Juhu! Wir entledigen uns der nun mehr als überflüssigen Regenkleidung und dampfen erst mal ein wenig vor uns hin, bevor wir dann in kurzen Sachen weiter in Richtung Lago di Calaita strampeln. Bald auf Schotter geht es zunächst relativ gemütlich vorwärts, doch mitten im Wald müssen wir noch eine harte Schiebepassage auf steilen und vor allem rutschigen Pfaden absolvieren, die noch mal so richtig an den Kräften zehrt. Nachdem auch das geschafft ist, geht es wieder im Sattel weiter, und über einen holprigen, aber gut fahrbaren Trail erreichen wir schließlich den Lago di Calaita. Bei der mehr als überfälligen Rast am See stellen wir fest, dass Daniels Höhenmesser aufgrund der Witterung mal wieder Wasser geschluckt hat, so dass die Übertragung per Funk nicht mehr funktioniert ... Da kauft man sich schon so ein teures Gerät, gerade, um bei Unternehmungen wie einem Alpencross gut gerüstet zu sein, und dann versagt die Technik. Wir verfluchen beide mal wieder die Firma Ciclo! Da mein eigener Höhenmesser vor der Tour als Reklamation zurück zu Ciclo mußte, genau aufgrund der gleichen Probleme, und Ciclo es innerhalb von 6 Wochen nicht geschafft hatte das Gerät zu reparieren bzw. mir ein neues Gerät zu geben, hatte ich dann notgedrungenermaßen einen alten Sigma BC 800 für den Alpencross montiert. Auf dieses Gerät ist wenigstens Verlaß!

Nun also ohne Höhenmessung unterwegs und immer noch innerlich ein wenig aufgebracht, brechen wir auf zum Asphalt-Downhill ins Tal. Die Stimmung wird bei mir jedoch schon wenig später deutlich besser, denn die Straßenabfahrt ist einfach nur genial. Ich stelle einen neuen Highspeed-Rekord auf dem Bike auf: Nachdem ich mit knapp 70 km/h durch eine langgezogene Linkskurve gedriftet bin, ganz im Stil eines Motorradfahrers von innen her angefahren und dann von der Fliehkraft langsam nach außen getragen, hält mich nichts mehr. Im Speedrausch geht es auf der nun noch steileren Straße bergab und immer mit einem Auge auf den Tacho schielend schaffe ich es tatsächlich und knacke die 80 km/h. Adrenalin pur! Nach diesem unvergeßlichen Abfahrtsrausch halte ich bei einem flacheren Stück kurz an, um meinen Puls wieder etwas zur Ruhe kommen zu lassen und nachdem Daniel da ist, geht's zusammen weiter an Zortea vorbei bis nach Caoria. Als Übernachtung haben wir uns das Rif. Revavaie ausgesucht, doch bis dahin sind es noch knapp 300 hm bergauf ... Inzwischen ist es schon recht spät geworden und die Kräfte schwinden langsam, doch ich bin trotz schwerer Beine gut im Tritt und fahre mit niedriger Trittfrequenz im relativ hohen Gang weiter. Jeder fährt nun seinen eigenen Rhythmus, da wir beide kämpfen müssen, doch wir halten durch ...

Schließlich erreichen wir ziemlich erschöpft gegen 19.45 das Rif. Revavaie, wo wir problemlos ein Zimmer bekommen. Wir haben's mal wieder geschafft! Wie sich herausstellt, ist die Etagendusche leider alles andere als warm, da wir nicht die ersten sind, die an dem Tag duschen wollen, aber das ist mir weitestgehend egal. Wir haben ein Dach überm Kopf - und das ist für mich das Entscheidende. Die Unterkunft an sich ist recht urig, die Wirtsleute sind sehr nett und preiswert ist es zudem auch. Also kann ich auch mit dem kalten Wasser leben ... Leicht bibbernd genieße ich also die Dusche und nachdem Daniel dann auch die erfrischende Duschprozedur hinter sich gebracht hat, geht's zum Abendessen. Wir lassen uns ein reichhaltiges Drei-Gänge-Menü auftischen und essen uns erst mal richtig satt, denn der lange Tourentag hat viel Energie gekostet. Mit einer größeren Gruppe von Bikern am Nachbartisch, die Tagestouren in der Region fährt, verläuft der Abend recht unterhaltsam, und wir müssen oft herzhaft lachen über die Stories, die am Nebentisch erzählt werden. Glücklich und zufrieden nach der bisher härtesten und längsten Transalp-Etappe für mich überhaupt ziehen wir uns gegen 22:15 auf unser Zimmer zurück und schlummern in kürzester Zeit ein.

Am Rif. Staulanza mit Monte Civetta im Hintergrund   Super-Trail oberhalb von Alleghe   Die letzten Trails runter nach Alleghe

Kleiner Durchhänger von mir im Val Venegia Kräftiger Regenschauer an der Baita Segantini Strömender Regen am Passo di Rolle


6. Tag: Rif. Revavaie - Pso. Cinque Croci - Forc. Magna - Malga Sorgazza - Strigno - Grigno - Rif. alla Barricata - Rif. Alpino Marcesino
Stats: 70,64 km - 9,36 km/h AVS - 7:33 h (09.30 - 20.30) - 60,2 km/h MAX - +2250/-2050 hm

Beim Frühstück mit Sonne beratschlagen wir zunächst über die anstehende Etappe, denn es gibt mehrere Optionen, um letztlich ins Val Sugana zu gelangen, aus dem wir dann zum Rif. Alpino Marcesino strampeln wollen. Der nette Gastwirt schenkt uns beiden noch einen isotonischen Durstlöscher in einer praktischen Trinkflasche. Das ist mal ein Service! Erfreut über diese Gastfreundschaft brechen wir schließlich gegen 09.30 auf Richtung Passo Cinque Croci. Daniel hat seinen Höhenmesser nun noch mal genauer untersucht und er scheint wieder zu funktionieren - bis zum nächsten Regen vermutlich ... Die verhältnismäßig leichte Schotterpiste zieht sich ganz schön in die Länge, so dass wir einige Extra-Pausen einlegen auf den 900 hm bis zum Paß. Wir merken beide, wie der Vortag uns noch in den Knochen steckt ... Oben genießen wir das schöne Panorama und rasten ein wenig, bevor wir uns nach kurzer Beratschlagung entscheiden, nicht die direkte Schotterabfahrt ins Tal zu nehmen, sondern den Alternativweg über die Forcella Magna zu wählen. Da es noch verhältnismäßig früh ist, glauben wir, dass der kleine Abstecher über die Scharte zeitlich noch locker drin ist ...

Stets mit einer tollen Landschaft belohnt, beginnen wir also die Schiebepassage zur Forcella Magna, doch schon schnell zeigt sich, dass dieser Abstecher zum einen viel Kraft kostet - und zum anderen leider auch sehr zeitintensiv ist. Eine nicht wirklich zum fahren einladende Felspassage wird von mir kurzerhand als Fahrstück deklariert, obwohl schieben sicher kräftesparender wäre, doch ich habe einfach keine Lust mehr ununterbrochen zu wandern ... Wenig später läßt der Weg aber auch trotz all meiner Anstrengungen kein fahren mehr zu, so dass ich doch wieder per pedes weiter muß. Daniel flucht mehr oder minder laut vor sich hin, als er endlich nach guten 90 Minuten Fußmarsch die Forcella erreicht. Hatten wir während der Schieberei ausgiebig Zeit uns Gedanken um die Beschaffenheit der Abfahrt zu machen, so werden all unsere Hoffnungen, dass diese gut fahrbar ist, schnell zunichte gemacht, als wir den vor uns liegenden Trail ins Tal begutachten. Ein wenig bedient und verärgert aufgrund unserer Fehlentscheidung am Passo Cinque Croci, diesen Alternativweg zu nehmen, machen wir uns also nach kurzer Rast zähneknirschend an die ersten grob geschätzten knapp 200 hm bergab. Schiebenderweise versteht sich ...

Der Weg 380 wird danach, wie bereits beim Blick von der Scharte zu erahnen bzw. viel mehr einfach erhofft, zu einem netten Trail, der weitestgehend gut fahrbar ist. Durch eine schroffe und abweisende Felsenlandschaft geht es fahrenderweise weiter gen Tal, wenngleich auch zeitweilig durch ganz kurze Schiebestücke unterbrochen. Als wir endlich die im unteren Drittel recht holprige Piste hinter uns lassen und ab der Malga Sorgazzo auf erholsamen Bike-Pisten weiter gen Pieve Tesino rollen, sind wir beide froh. Auch wenn mir der Downhill zwischenzeitlich durchaus Spaß gemacht hat, so ist die Passage über die Forcella Magna dennoch die falsche Wahl gewesen. Und wir haben leider verdammt viel Zeit verloren ... Um kurz nach 15.00 erreichen wir das verschlafene Pieve Tesino, von wo aus Daniel die Übernachtung im Rif. Alpino Marcesino telefonisch dingfest macht. Er kündigt uns für spätestens 19:00 an, denn rein von der Karte her liegt "nur" noch die Abfahrt ins Val Sugana und dann gute 1000 hm am Stück bis zur Unterkunft vor uns.

Ohne uns lange aufzuhalten strampeln wir also zügig weiter bis nach Cinte Tesino. Eigentlich hätten wir ja die Straße über Castello Tesino nach Grigno nehmen können, doch wir beschließen es über den direkten Weg 394 ins Tal zu probieren. Wie wir wenig später feststellen müssen, ist diese Passage jedoch derart schlecht beschildert, dass es in ein einziges Lotteriespiel ausartet, welches der Weg ins Tal sein könnte. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, die an Privatgrundstücken enden, von denen es keinen Weg ins Tal gibt, fahren wir zurück zur Kreuzung, bis zu der wir uns noch sicher sind mit der Navigation. Obwohl wir beide keine Anfänger im Karten lesen sind, stehen wir etwas ratlos da. Auf der Karte erkennen wir, dass viele Wege als Sackgassen im Nichts enden - soweit nichts Neues für uns ... Doch welches ist denn nun der Weg, der ins Tal führt? Gegenüber am ausgesetzten Hang sehen wir eine große Baustelle. Dort oben entlang ginge die größere Straße an Castello Tesino vorbei runter ins Tal, jedoch müßten wir dann zunächst wieder ein paar Kilometer zurück und außerdem wäre diese Variante mit ein paar zusätzlichen Höhenmetern verbunden, die wir eigentlich vermeiden wollen. Schließlich müssen wir noch am Ende den langen Anstieg aus dem Val Sugana meistern. In der Zwischenzeit ist es schon gegen 16.15 ... Wir müssen weiter!

Nach kurzem hin und her entscheiden wir uns es noch mal zu probieren und den Weg 394 zu suchen, der uns direkt ins Tal bringen würde. Auf gut Glück nehmen wir eine andere Abzweigung, und dieses Mal scheint es zu passen: Nach ein paar hundert Metern entdecke ich an einer Häuserruine am Wegesrand undeutlich geschrieben das Wort "Grigno". Das muß der Weg sein! Voller Freude folgen wir also dem Pfad in den Wald hinein, doch schon wenig später wird der Weg alles andere als bikerfreundlich. Auf diesem Weg scheint seit Ewigkeiten kein Mensch mehr unterwegs gewesen zu sein, denn er ist mehr und mehr von Pflanzen überwuchert und verwildert. Ich komme mir bald vor wie im Dschungel ... Was uns dann wenig später erwartet, übertrifft aber letztlich all meine Befürchtungen: Unser Pfad mündet direkt in einen alten, verfallenen Steinbruch. An der gegenüberliegenden Kante scheint der Pfad sich fortzusetzen, aber dazwischen liegt nur der Steinbruch-Krater und sonst nichts! Wir schauen uns beide an und wissen, dass es nun kein Zurück mehr gibt. So gehe ich also als erster ganz vorsichtig den Abstieg an ...

Die Kraxelei am brüchigen Steilhang ist alles andere als angenehm. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass wir ja auch noch unsere Bikes sicher transportieren müssen, wird diese Passage ziemlich extrem. Unter normalen Bedingungen wäre ich sicher nie dort lang, aber wir müssen es nun auf diesem Weg durchziehen ... Zwischenzeitlich komme ich gefährlich ins Rutschen, denn der Untergrund bietet meinen Turnschuhen kaum Halt, doch ich kann mich mit dem Bike als talseitige Stütze und durch geschickte Verlagerung meines Körperschwerpunkts gerade noch am Hang halten. Mein Herz pocht mir nun bis zum Hals ... Noch mal konzentrieren, nur noch wenige Meter bis zum sicheren Steinbruchrand! Ich nehme also noch mal alle Energie zusammen, um nicht mitsamt dem Bike den Hang runter zu fallen und bringe irgendwie auch die letzten paar Meter aus dem Steinbruch heraus hinter mich. Zunächst hieve ich mein Bike aus dem Steinbruch heraus, dann kraxel ich erschöpft die Kante hinauf. Ufff! Daniel schlägt sich zum Glück genauso erfolgreich wie ich, obwohl er zwischendrin auch ein wenig ins Schwanken gerät, aber letztlich erreicht auch er heil den Steinbruchrand. Die Erleichterung steht mir ins Gesicht geschrieben! Was wir zuletzt hätten gebrauchen können, wäre ein Unfall bei dieser unfreiwilligen Kraxelei ...

Ganz langsam normalisiert sich unser Puls wieder, und wir holpern die weitere Abfahrt gen Grigno über den nun mehr total zugewachsenen Weg 394 hinab, bis der Weg unerwartet so steil abfällt, dass ich freiwillig zu schieben beginne. Alles recht unerfreulich, vor allem, wenn man am gegenüberliegenden Hang die Straße mit der Baustelle sieht, die man von hier aus betrachtet sicherlich hätte passieren können ... Als ich Daniel dann plötzlich ein paar Meter vor mir stehen sehe, merke ich, dass die Pechsträhne noch nicht überstanden ist, denn er hat durch die Abfahrt einen Platten bekommen! Auch das noch ... Naja, es hilft alles nicht, wir legen also eine Pause ein, und Daniel flickt seinen hinteren Schlauch. Außerdem teilen wir uns einen Powerbar-Riegel, denn wir sind beide ziemlich ausgehungert. Vom Durst ganz zu schweigen ... Als Daniels Hinterrad dann wieder fit ist und er seine Magura-Bremse montieren will, stellen wir zu unserem Entsetzen fest, dass die auf der Unterseite des Sattels deponierte Unterlegscheibe, die zur Montage notwendig ist, verschwunden ist! Das kann doch nun alles nicht mehr wahr sein! Wir pflügen im direkten Umkreis die halbe Wiese um und suchen unter fast jedem Stein, doch das Teil läßt sich einfach nicht auffinden. Das gibt's doch gar nicht! Wir suchen noch einmal, aber wieder erfolglos. Letztlich komme ich mehr oder minder aus Verzweiflung auf die Idee, dass die Unterlegscheibe möglicherweise in einen schmalen Schlitz an der Unterseite seines Sattels hineingerutscht ist. Geschwind schauen wir dort nach und siehe da, dort ist sie wirklich! Ich kann's gar nicht fassen, was uns an dem Tag nun schon alles passiert ist ... Aber zumindest kann Daniel nun wieder seine Bremse montieren und es geht weiter bergab, bis wir endlich gegen 17.00 in Grigno einrollen.

Wir überlegen noch kurz, ob wir nicht aufgrund der fortgeschrittenen Zeit besser woanders nächtigen, aber die Gegend, in der wir uns befinden, ist beinahe wie ausgestorben. Also weiter. Ist ja "nur" noch die lange Auffahrt ... In Selva, das ebenfalls komplett verschlafen ist, gibt es einen kleinen Dorfbrunnen, aus dem wir dankbar Wasser mitnehmen, aber das Wasser riecht ziemlich streng und schmeckt auch alles andere als rein, so dass ich es nicht über mich bringe, davon mehr als zwei oder drei Schluck zu trinken. Zuviel ist zuviel ... Einen Supermarkt können wir auch nicht ausfindig machen, also geht es mit diesem komischen Geschmack im Mund, ohne Flüssigkeitsaufnahme und immer noch mit knurrendem Magen an den langen Anstieg zum Rif. alla Barricata. Der Weg ist nicht sonderlich steil, und man hat eine schöne Aussicht aufs Val Sugana, doch ehrlich gesagt sehne ich mir nur noch unsere Unterkunft herbei. Ich fühle, wie jede Kurbelumdrehung immer mehr an den kaum noch vorhandenen Energiereserven bei mir nagt ... Im ersten oder zweiten Gang kurbele ich ganz langsam voran, während Daniel sein eigenes Tempo vorfährt. Nach einiger Zeit steht er dann am Wegesrand und wartet dort auf mich.

Er hat an der Felswand am Wegesrand ein kleines Rinnsal entdeckt, aus dem wir etwas Wasser schöpfen können. Dies tue ich dann auch, aber das Wasser schmeckt nicht gerade rein und frisch ... Ich setze mich, um mich ein wenig auszuruhen, mitten auf den Weg und trinke trotzdem ein paar Schluck davon, da ich riesigen Durst habe. Den Rest nehme ich, angereichert mit einer Vitamintablette, in meiner Flasche mit, aber sonderlich wohl ist mir bei diesem Wasser nicht. Da ich mich immer noch recht schlapp fühle, sitze ich noch einige Minuten nur so da und starre vor mich hin. Am liebsten würde ich einfach hier sitzen bleiben und gar nicht mehr aufstehen müssen, da ich mich einfach total ausgelaugt fühle. Aber sobald sich mein Verstand wieder einschaltet, wird mir klar, dass ich mich noch mal aufraffen muß. Die Unterkunft wird nicht zu mir kommen ... Daniel teilt sich mit mir noch den letzten Powerbar-Riegel und schließlich kann ich meine vorübergehende Apathie zumindest soweit beiseite legen, dass ich mich wieder aufs Bike setze und langsam beginne weiter zu fahren. Ich fahre wieder mein eigenes Tempo, denn mit Daniel mitzuhalten ist einfach nicht drin in meinem Zustand. So nehme ich mir vor wenigstens immer 10 Minuten am Stück den Berg raufzukurbeln und dann eine kleine Verschnaufpause zu machen. Doch die Strecke zieht sich furchtbar in die Länge ...

Ohne Frage ist dies die schlimmste Auffahrt, die ich je gemacht habe. Wie in Trance komme ich Meter um Meter voran, doch eigentlich verdanke ich dies nur der Tatsache, dass ich mir unentwegt einrede, dass ich weiter muß. Ich muß durchhalten! Rein körperlich betrachtet bin ich so gut wie am Ende, doch ich kann nicht anhalten und einfach sitzen bleiben. Es wird später und später, und es erscheint mir, als ob ich gar nicht vorwärts kommen würde. Von Daniel sehe ich gar nichts mehr, doch das ist in dem Augenblick mein kleinstes Problem. Ich weiß, wo der Weg lang geht (immer weiter den Berg rauf ...), und früher oder später würde ich ihn schon wieder treffen. Nach einer meiner 10-Minuten-Einheiten halte ich erschöpft am Wegesrand an und setze mich an einen Holzpfahl, um zu verschnaufen. Der Wegesrand fällt hier fast senkrecht in die Tiefe und weit unter mir sehe ich einen Teil des Weges, den ich zuvor bereits mühsam raufgestrampelt war. Ich verharre am Pfosten lehnend einige Minuten und verfalle wieder in diese Apathie, aus der ich erst erwache, als ich merke, dass mir kalt wird. Mit einem Blick auf die Uhr ist auch schlagartig mein Denkvermögen wieder da, und ich schaffe es aufzustehen, mich aufs Bike zu schwingen und weiter zu strampeln.

Es ist erstaunlich, aber diese Pause hat tatsächlich noch ein paar Reserven aktiviert. Zwar habe ich immer noch einen knurrenden Magen, und mein Rucksack bietet nichts mehr zum Essen, doch plötzlich geht es wieder etwas besser voran. Nach einer Zeit, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkommt, treffe ich Daniel wieder, der auf mich gewartet hat. Natürlich hat er auch gemerkt, dass ich nur mühsam hinterher komme ... So legen wir also gemeinsam die letzten Meter zum Rif. alla Barricata zurück. Ob dieses Haus theoretisch auch als Übernachtungsmöglichkeit in Frage käme, interessiert uns eigentlich nicht, denn von außen macht es nicht gerade den sympathischsten Eindruck. Außerdem ist der Weg inzwischen asphaltiert, und laut Karte kann es nicht mehr weit sein bis zu unserer geplanten Unterkunft. Wir fahren also weiter in der Hoffnung nicht allzu sehr in die Dunkelheit zu geraten ... Nun auf Asphalt geht es relativ zügig voran, und schon bald haben wir den höchsten Punkt erreicht. Ein echtes Glücksgefühl durchströmt mich, denn ich weiß, dass wir es nun schaffen werden! Jedoch sind es noch einige Kilometer mit ganz leichtem Gefälle und leichten Gegenanstiegen, die wir hinter uns bringen müssen. Die Dämmerung hat nun auch schon eingesetzt, denn es ist bereits nach 20.00 ...

Dementsprechend ist es auch recht kühl geworden, doch obwohl wir beide noch in kurzen Sachen unterwegs sind, wollen wir jetzt beide nur noch zur Unterkunft. Alles andere ist uns egal. Dort können wir uns immer noch umziehen und aufwärmen. So erreichen wir also gegen 20.30 tatsächlich - was ich zwischenzeitlich ehrlich gesagt kaum für möglich gehalten hätte - das Rif. Alpino Marcesino. Der Wirt ist anfangs etwas ungehalten, dass wir so spät da sind, denn er teilt uns mit, dass es um 19.00 Essen gegeben hätte. Verständlich, dass er dann nicht so froh ist, wenn er noch zu so später Stunde für uns Abendessen zubereiten soll. Wir entschuldigen uns vielmals und ich glaube, er hat auch etwas Mitleid mit uns. Die Erschöpfung und die Strapazen des Tages sind uns nicht zu übersehen ins Gesicht geschrieben ... Auf jeden Fall gibt er uns eine halbe Stunde zum Duschen und will uns dann noch etwas zum Essen machen. Grazie! Grazie mille! Auf der einen Seite überglücklich, dass wir die Etappe am Ende erfolgreich beendet haben und somit für die folgenden Etappen eine ganz günstige Ausgangssituation haben, auf der anderen Seite so fertig, dass ich fast im Stehen schlafen könnte, verteile ich meine Ausrüstung im Zimmer, während Daniel die warme (!) Dusche genießt. Wenig später komme ich dann auch noch in das Vergnügen und nachdem wir uns ein paar frische Sachen angezogen haben, geht's gegen 21.00 also noch zum wohlverdienten Abendessen.

Über den Tag verteilt hatte ich genau zwei Semmeln zum Frühstück, drei Corny-Riegel und einen Powerbar-Riegel ... Der nette Wirt macht uns noch einen großen Teller Spaghetti und außerdem eine kalte Platte mit Polenta. Ein Traum! Dazu trinke ich ein richtig kaltes Bier und wenig später gleich noch eins, weil's so lecker war. Auch, wenn ein Schlummertrunk sicher nicht nötig gewesen wäre an dem Tag :-) Da wir die einzigen Gäste sind, bleibt er noch bei uns, wir unterhalten uns ein bißchen, und er spielt ein wenig mit seiner kleinen Tochter. Wir vereinbaren noch die Frühstückszeit, bedanken uns noch mal herzlich für die Gastfreundschaft, und dann ziehen wir uns in unser Zimmer zurück. Nach diesem sehr extremen Tag, an dem fast alles anders lief, als wir uns das eigentlich vorgestellt hatten, fallen wir beide einfach nur noch in unsere Betten. Wen wundert's ...


Frühstück im Rif. Revavaie   Panorama am Passo Cinque Croci   Wanderung Richtung Forcella Magna I

Wanderung Richtung Forcella Magna II
Blick von der Forcella Magna auf die "Abfahrt"
Ein paar fahrbare Meter von der Forcella Magna ...

Weiter unten wird's besser  zu fahren Noch 1000 hm von Grigno bis zum Rif. Alpino Marcesino ...

Ich bin ziemlich am Ende ...
Einer meiner Rastplätze beim Kampf mit mir selbst bis zum Rif. Alpino Marcesino


7. Tag: Rif. Alpino Marcesino - Malga Buson - Malga Moline - Rif. Cecchin (Weg 840) - Monte Lozze - Monte Ortigara - Font. Cuvolin (Weg 839) - Bivio Italia - nähe Font. Portule - Rif. Larici - Forte Verle - Pso. Vezzana - Alb. Monterovere
Stats: 54,96 km - 9,94 km/h AVS - 5:32 h (09.40 - 19.00) - 53,5 km/h MAX - +1400/-1500 hm
Beim Frühstück futter ich alles, was ich nur bekommen kann, denn ich habe schon über Nacht wieder leichten Hunger bekommen ... Nach erfolgter Stärkung und Verpacken unserer Ausrüstung brechen wir verhältnismäßig spät auf, aber aufgrund der harten Etappe am Vortag geht das schon in Ordnung. Ich hätte auch problemlos noch länger im Bett liegen können :-) Nun ja, so strampeln wir also ganz gemütlich auf Schotter an der Malga Buson vorbei bis zur Malga Moline. Dort hatten wir uns eigentlich einen Imbiß und vor allem frisches Wasser versprochen, doch die Hütte ist - warum auch immer - geschlossen. Mist ... Also brechen wir nach kurzem Sonnenbad wieder auf und folgen der ausgeschilderter Bikepiste weiter bergauf bis zu einem Parkplatz. Der Abzweig zum Rif. Cecchin ist nach etwas Suchen schließlich auch gefunden, und so schieben wir unsere Bikes langsam den Berg hinauf. Fahren ist zum einen aufgrund des geschichtlichen Hintergrunds der Region nicht so sehr angebracht, und außerdem ist der Pfad anfangs auch ziemlich wüst. Als wir dann endlich dort ankommen, wo laut Karte das Rif. Cecchin sein soll, stellen wir fest, dass diese Hütte nicht mehr existiert. Wir finden zwar noch das Gebäude, aber so wie ich die italienischen Schilder deute wurde es durch die Finanzpolizei geschlossen. Wie auch immer, es gibt wieder nichts zu Essen oder Trinken für uns ... Bevor es weiter geht, schaue ich mir zunächst mal das Ossarium, das direkt am Wegesrand steht, ausgiebig an. Irgendwie unheimlich, wenn man sich diesen riesigen Haufen menschlicher Knochen anschaut ... Es ist heute nur schwer vorzustellen, wie es damals während des Krieges in dieser Region zugegangen sein muß. Als ich nach geraumer Zeit aus dem dunklen Ossarium wieder ans Sonnenlicht trete, muß ich erst mal kräftig blinzeln. Es ist wie ein Schritt zurück in eine andere Welt nach der bedrückenden Stimmung innendrin ...

Nur wenige Meter weiter steht eine große Säule als Denkmal auf einem kleinen Hügel, die ich mir ebenfalls genauer ansehe. Wir beratschlagen daraufhin, ob wir nun zu Fuß mit den Bikes zum Ortigara-Gipfel weitermarschieren oder ggf. die Bikes hier lassen, sie nach dem Gipfel-Besuch wieder einsammeln und dann zurück zum Hauptweg radeln. Von dort ginge es an Monte Forno und Malga Pozze vorbei zum Bivio Italia. Rein vom Auge her scheint es schon noch ein gutes Stück bis zum Gipfel-Bereich zu sein, doch nach einigem hin und her einigen wir uns schließlich darauf die Bikes mitzunehmen und uns dann hinten runter direkt zum Bivio Italia zu schlagen. Was uns aber genau auf diesem Weg erwartet und wie lange die Passage dauern wird, weiß keiner von uns. Wir wagen es dennoch ...

Die Wanderung bis zum Ortigara-Gipfel geht erstaunlich gut voran und erinnert mich dabei landschaftlich unheimlich an das Pasubio-Gebiet um die Cima Palon. Es ist eine ziemlich karge Gegend, stellenweise eine Art Mondlandschaft, doch die Weite und die Ruhe hier draußen faszinieren mich irgendwie. Aufgrund der Tatsache, dass das Wasser, das wir morgens am Rif. Alpino Marcesino in unsere Flaschen gefüllt haben, sehr chlorhaltig riecht und auch schmeckt, habe ich seit unserem Aufbruch nur ganz wenig getrunken. Zwar hätte ich sicherlich schon zwei Trinkflaschen getrunken haben sollen, aber ich versuche nicht an meinen Durst zu denken, während ich weiter den Berg hinauf keuche. Daniel geht es ja auch nicht besser, er hat auch nur dieses chlorhaltige Wasser ... Leider bieten uns unsere Rucksäcke seit dem Vorabend keinerlei Proviant mehr, aber noch hält sich der Hunger dank des ausgiebigen Frühstücks einigermaßen in Grenzen. Dass bei beiden Rifugios Fehlanzeige in Sachen Essen und Trinken sein würde, hätten wir uns morgens auch nicht träumen lassen ... Kurz vorm Gipfelbereich des Monte Ortigara besichtigen wir noch einen alten Schützengraben und ein paar kleine Stollen. Sehr nett.

Schließlich oben am Gipfel stelle ich dann als erster mein Bike und meinen Rucksack ab, schnappe mir meine Kamera und jogge "entdeckungshungrig" bis zu einem auffälligen Kriegsmahnmal, das sich am Pfad bis vor zur Steilkante hoch über dem Val Sugana befindet. Ein sagenhafter Tiefblick, der einen vorne an der Felskante erwartet! Als Daniel dann auch da ist, genießen wir noch ein bißchen die Stille dieses ehemaligen Kriegsschauplatzes und machen uns dann zurück am Mahnmal vorbei zu unseren Bikes. Ein Gipfelfoto mit blauem Himmel noch, dann ziehen wir weiter über den langen Höhenzug in Richtung Bivio Italia. Besonders auffällig ist dabei eine "Friedensglocke", die am Wegesrand steht und wenig später ein alter Kriegsfriedhof. In der Nähe von diesem ist eine Quelle ausgeschildert, doch die Wegsuche gestaltet sich ziemlich schwierig in dem Gelände, vor allem, da die Markierung zur Quelle plötzlich verschwunden ist. Wir laufen dann auf gut Glück planlos über eine Wiese, und nach einigem Suchen entdecken wir tatsächlich die "Trinkwasserstelle". Ich glaube, unter normalen Umständen hätte ich freiwillig nichts von diesem Wasser getrunken, aber ich habe inzwischen einen riesigen Durst. Und auch, wenn das Wasser als Rinnsal in den Tümpel fließt, so scheint es zumindest weitestgehend algenfrei und sauber zu sein. Ein erster vorsichtiger Geschmackstest bestätigt diese Hoffnung, dass man davon wohl trinken kann, und so laben wir uns zunächst mal ausgiebig. Endlich Wasser! Zurück am Friedhof schlagen wir den Weg nach links ein, obwohl wir uns mit der Markierung und der Richtung nicht ganz sicher sind, aber letztlich entpuppt sich der Weg als der richtige.

Nach einer holprigen Abfahrt, auf der wir sogar ein paar Biker treffen, die hier hinaufstrampeln, erreichen wir auf schöner Piste das Bivio Italia. Wir gönnen uns eine kurze Verschnaufpause, dann strampeln wir weiter über die gut fahrbare Schotterpiste in Richtung Portule-Paß. Dort schaue ich mir eine alte Zisterne an, die direkt in einem markanten Berg angelegt wurde, und wenig später rollen wir auch schon gemeinsam hinten runter. Eine echte Genußabfahrt, bei der man sich fast ausschließlich auf die Landschaft konzentrieren kann, da es fahrtechnisch keinerlei Schwierigkeiten zu meistern gibt. Schließlich kommen wir beim Rif. Larici an, dass uns laut unseren Recherchen als potentielle Übernachtung dienen könnte. So schauen wir uns die Hütte also näher an, doch der junge Mann, der scheinbar für die Bar zuständig ist, spricht nur italienisch und versteht nicht wirklich, was wir eigentlich wollen. Zwar bietet er uns, wenn ich ihn richtig verstanden habe, letztlich eine Übernachtung an, doch was sie genau kosten soll, kann er uns nicht sagen. Insgesamt scheint die Hütte nicht auf Übernachtungsgäste wie uns vorbereitet zu sein, sondern nur auf Tagesgäste, die nicht über Nacht bleiben wollen. Wir beratschlagen kurz und teilen ihm dann mit, dass wir doch bevorzugen weiterzufahren gen Monterovere. Da wir uns nicht sonderlich wohl fühlen in diesem Ambiente, zu mal wir scheinbar auch noch die einzigen Gäste wären, ist das sicher die bessere Entscheidung.

Gegen 18.00 steigen wir also noch mal auf die Bikes und rollen Richtung Alb. Monterovere, die ich schon aus dem Vorjahr kenne und von der ich weiß, was uns erwartet. Uns beiden ist wieder klar, dass auch diese Etappe länger dauern wird als angenommen ... Unsere ursprüngliche Idee noch einen Abstecher zum Piz Levico und dem dort stehenden Forte Spitz Verle ist somit gestorben, denn zeitlich ist das an diesem Tag keinesfalls mehr drin und am kommenden Tag wäre dieser Umweg sicher auch nicht mehr machbar, außer mit einer kompletten Änderung der geplanten Route. Sehr schade, denn dieser steile Felsabsturz, von dem es 1500 m fast senkrecht nach unten ins Tal geht, hätte uns beide sehr gereizt ...

Wir erklimmen recht zügig die knapp 150 hm bis in die Nähe der Porta Manazzo, rollen dann wieder bergab und wenig später etwas traurig am Abzweig zum Piz Levico vorbei und erreichen schließlich das zerfallene Forte Verle. Leider ist die Ruine dieses Mal abgesperrt und kann nicht betreten werden, da sie gerade grundlegend restauriert wird. Viel Zeit zum Besichtigen hätten wir aber sowieso nicht gehabt, denn zum einen wird der Hunger immer größer und außerdem ist die Zeit ja auch wieder einmal recht fortgeschritten ... Kurz darauf rollen wir am Passo di Vezzana vorbei, denn das Hotel dort reizt uns überhaupt nicht, so dass wir also die paar Kilometer bis zur Alb. Monterovere auch noch in Kauf nehmen. Zwar haben wir uns nicht telefonisch angekündigt, aber von der letzten Tour weiß ich noch, dass es dort zur etwa gleichen Zeit verhältnismäßig leer war. Tatsächlich ist es so, wie ich es mir gedacht (und erhofft) habe, so dass wir problemlos ein Zimmer bekommen. Geschafft! Es ist sogar genau das gleiche Zimmer wie im Vorjahr! Die netten Wirtsleute schaffen es auch dieses Mal, dass ich mich richtig wohl fühle dort. Und zusätzlich werden wir auch noch von der jungen Wirtstochter bedient :-) Wir lassen uns ein ordentliches Essen auftischen, denn außer dem Frühstück gab es ja keinen einzigen Happen unterwegs ... Mit einem schmackhaften Vino de la Casa lassen wir dann den Abend gemütlich ausklingen und freuen uns schon auf die verbleibenden Etappen bis zum Gardasee, die nach den doch sehr harten Tagesetappen bisher alle verhältnismäßig locker werden würden. Zumindest denken wir uns das ...

Ossarium kurz vorm Monte Ortigara
Mahnmal am Monte Ortigara I Fast 2000 hm über dem Val Sugana - wow!

Mahnmal am Monte Ortigara II   Am Gipfel des Monte Ortigara   Friedensglocke am Monte Ortigara

Was man bei Wassermangel doch alles tut ... Downhill vom Monte Ortigara

Berg mit Gesicht nähe Font. Portule Das aufgrund Restaurierungsmaßnahmen abgsperrte Forte Verle


8. Tag: Alb. Monterovere - Forte Belvedere - Capella - Lago di Lavarone - nähe ex Commando Austriaco - Carbonare - Pso. del Sommo - Forte Sommo Alto - Pso. Coe - Malga Zonta - Monte Maggio - Pso. della Borcola - Beber - Posina
Stats: 48,11 km - 10,43 km/h AVS - 4:37 h (09.30 - 18.30) - 63,1 km/h MAX - +1100/-1800 hm
Mit einem guten Frühstück im Bauch und somit wohl gestärkt sagen wir gegen 09.30 den netten Wirtsleuten "Arrivederci". Wieder einmal war die Unterkunft und Verpflegung klasse gewesen. Wie ich bereits im Vorjahr rollen wir entlang der Piste der "100 km dei forti" bis zum sehenswerten Forte Belvedere. Die großen Kanonen, die nahe des Eingangsbereichs stehen, sind schon beeindruckend, aber auch sonst ist es interessant sich ein wenig umzuschauen. Eine Führung durch das Museum innendrin lassen wir aus Zeitgründen sausen und strampeln statt dessen bald weiter bis zum Lago die Lavarone. Auf halber Strecke erledigen wir in Capella noch ein paar Einkäufe, so dass wir auch wieder mit Essensreserven unterwegs sind. Ein beruhigendes Gefühl ... Vom See führt uns die Strecke weiter über Carbonare am Commando Austriaco vorbei, dessen Überbleibsel sich Daniel schon auf einer früheren Transalp-Tour angeschaut hat. Da die Gebäudereste schon größtenteils vom Waldboden überwuchert sind, halten wir gar nicht erst an, sondern fahren zielstrebig über S. Sebastiano bis zum Passo del Sommo. Obwohl ich hier ja auch schon war, entscheiden wir uns für den falschen Weg direkt nach der Pizzeria. Klarer Fall von altersbedingter Vergeßlichkeit :-) Ich entsinne mich noch, dass ich auch beim letzten Mal am Überlegen war, wo man genau von der Straße abzweigt, da die Karte nicht sonderlich genau ist. Nun ja, wir merken dann bald, dass der eigentliche Abzweig erst etwa 300 Meter nach der Pizzeria von der Straße nach links auf einen Schotterweg abgegangen wäre, aber bevor wir alles zurück fahren, holpern wir einfach ein kurzes Stück die Skipiste runter. Schließlich gilt es noch einen etwas tückischen Stacheldrahtzaun zu überwinden, der sich uns in den Weg stellt, aber auch das schaffen wir ohne Verletzung. Wir verschnaufen nach diesem Offroad-Abstecher kurz, dann geht es weiter zum Rif. Stella d'Italia.

Daniel plädiert für eine Rast, da er gerne etwas Essen bzw. Trinken möchte, während ich kaum Hunger habe und wenn dann nur Interesse an einem Apfel hätte. Wir machen dann aber doch einen Stopp, da wir auch noch gut in der Zeit liegen und nach ausreichender Stärkung sind wir auch schon wenig später am Forte Sommo Alto. Wieder einmal überkommt mich meine Abenteuerlust und während Daniel draußen auf mich wartet, starte ich eine knapp 45-minütige Erkundungstour durch das Innere der alten Festung. Dieses Mal habe ich auch eine Taschenlampe mit über die Alpen geschleppt, die ich schon im Vorjahr gerne hier verwendet hätte bei der Erkundung der Ruine. Nun hält mich nichts mehr auf :-) Es ist einfach toll! Insgesamt entdecke ich drei finstere Gänge, die sich unter dem Berg durch den Fels hindurchziehen. Bei dem schummerigen Schein meiner Akku-Lampe erforsche ich zunächst noch mit Daniel zusammen den langen Gang, der von der untersten Ebene nach rechts abgeht. Durch ein paar Pfützen geht es diesen kaum enden wollenden Tunnel immer weiter, bis man am Ende an einem ehemaligen MG-Stand wieder aussteigen kann. Klasse! Insgesamt ist dieser Gang jedoch noch recht harmlos und nicht sonderlich spektakulär. Aber eben lang ... Daniel entscheidet sich daraufhin für eine gemütliche Rast auf dem Dach der Ruine, während ich gleich wieder zu neuen Entdeckungen aufbreche.

Zurück am Fuß der Treppe folge ich nun dem mittleren Gang, der etwas schmaler ausfällt und schon bald über eine schier endlos erscheinende Treppe immer tiefer in den Berg hinein. Mit meiner Funzel leuchte ich nur wenige Meter weit ins Dunkel, wobei mein eigener Atem im Lichtkegel eine leicht gespenstische Stimmung erzeugt ... Ich komme mir vor wie beim Abstieg in eine Gruft, zu mal es hier unten auch noch recht modrig riecht. Die doch etwas unheimliche Atmosphäre läßt mich kurz anhalten und überlegen, ob ich wirklich noch weiter die Treppe ins Ungewisse runter will, aber mein Forschungsdrang siegt recht schnell und läßt mich weiter der Treppe folgen. Wo sie wohl enden mag? Ich hoffe inständig, dass mich meine Taschenlampe nicht im Stich läßt, während ich mit pochendem Herzen Stufe für Stufe hinabsteige ... Nach geraumer Zeit spüre ich einen kalten Lufthauch von der Seite aus dem Gemäuer kommen und bei genauerem Hinsehen erkenne ich einen ganz schmalen Spalt, der scheinbar eine Verbindung zu einer höher gelegenen Etage darstellt. Da ich aber schon recht weit unter dem Berg bin, vermute ich, dass es sich um einen von oben nicht mehr zugänglichen Teil der Festung handelt, der durch die Zerbombung im Krieg verschüttet wurde. Ich folge also weiter der inzwischen recht glitschigen Treppe. Endlich am Fuß angekommen geht es dann ein kurzes Stück eben weiter, bevor es schließlich wieder eine neue Treppe hinauf geht. Wow! Während ich mich innerlich frage, wie weit mich diese Erkundungstour noch bringen wird, sehe ich am Ende des Tunnelgewölbes plötzlich einen Lichtschimmer. Es scheint so zu sein, als ob von oben her irgendwie Tageslicht hier runter scheinen würde! Schnelleren Schrittes folge ich dem Gang, und tatsächlich erwartet mich am Ende ein wenig Sonnenschein von draußen. Durch eine Öffnung, eine Art Fenster, vielleicht zwei Meter über mir, sehe ich etwas Wiese, ein paar Büsche und Felsen. Ich muß also einmal unter der gesamten Festung durchmarschiert sein und nun an der Rückseite angelangt sein.

Ich überlege, ob es mit etwas Klettergeschick vielleicht möglich ist, hier "auszusteigen", aber ich entscheide mich dagegen, da das Gemäuer ziemlich feucht ist und wohl nur wenig Halt bieten würde beim Kraxeln. Ich atme noch einmal tief durch und dann trete ich den Rückzug ins Nichts des Tunnelgewölbes an. Über die kleinere Treppe mit etwa 30 Stufen hinab und dann wieder die lange Treppe, die insgesamt an die 180 Stufen hat, hinauf, erreiche ich leicht außer Atem wieder den Einstieg zum Tunnel. Geschafft! Was Daniel wohl gerade macht? Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist, denn hier unten scheint die Zeit still zu stehen ... Ich beschließe noch geschwind den verbleibenden Gang, der von der Treppe nach links abgeht, zu untersuchen und dann wieder raus zu Daniel zu gehen. Irgendwann müssen wir ja auch weiter, denn der Monte Maggio wartet noch auf uns! Über einen querliegenden Holzbalken erfolgt der Einstieg in diesen Tunnel, der wieder etwas geräumiger ist, aber dafür von der Decke her bald tiefer wird. Außerdem liegt viel loses Geröll auf dem Boden, was das Laufen nicht ganz einfach macht. Über ein paar kurze Treppenpassagen die einen noch weiter ins Innere des Berges führen, geht es zügig voran. Ich frage mich, wann hier wohl zuletzt jemand unterwegs war, aber ich bin mir sicher, dass ich nicht der erste bin ... Als die Decke schließlich noch niedriger wird, geht es nur noch tief gebückt weiter, doch schon wenige Meter später ist leider auch schon das Ende des Ganges erreicht: Es handelt sich um eine Sackgasse, die durch einen Felssturz verursacht wurde. Schade eigentlich!

Ich hatte die Vermutung, dass der Gang wie der zuvor auch an so einer Art Fenster enden würde. Möglicherweise hat er das auch getan, als er noch nicht verschüttet war, aber das läßt sich nun nicht mehr feststellen. Ich halte kurz inne und erlaube meinem Puls sich wieder etwas zu normalisieren, bevor ich mich wieder auf den Rückweg mache. Meine Akku-Lampe hat bisher gut mitgemacht, aber ich will mein Glück nicht übermäßig herausfordern. Plötzlich umgeben von völliger Dunkelheit dazustehen und sich den langen Tunnel bis zurück zur Treppe mühsam zu ertasten wäre sicherlich alles andere als angenehm ... So erreiche ich also bald, wieder mit klopfendem Herzen, den Einstieg des Ganges, und kurz darauf bin ich auch schon über die Treppe und etwas Geröll zur Vorderseite der Festung gelangt. Ich bin wieder draußen! Zunächst ist es sehr ungewohnt nach der Dunkelheit die ganze Zeit zuvor nun wieder das grelle Sonnenlicht zu spüren, aber ich bin trotzdem froh wieder hier zu sein. Diese Entdeckung war auf jeden Fall eine wirklich spektakuläre Sache, die ich nicht so schnell vergessen werde ...

Oben bei Daniel, der auf der Ruine sitzt und rastet, erzähle ich von meinen Erlebnissen im Inneren des Berges. Ich laufe dann noch ein gutes Stück über den nach hinten hin abfallenden Bergrücken runter und entdecke dabei tatsächlich die Öffnung, unter der ich am Ende des mittleren Tunnels gestanden hatte. Somit bin ich also wirklich einmal komplett unter der Festung durchgewandert! Gerne hätte ich auch noch nach weiteren interessanten Dingen hier gesucht, aber inzwischen ist es 14.45 geworden, so dass es Zeit wird zur Weiterfahrt. Wir brechen also auf zum Passo Coe und über die Straße geht es weiter bis zur Malga Zonta, von der wir auf die Schotterpiste gen Monte Maggio aufbrechen. Bereits beim Passo Coe ist es rings um uns herum ziemlich dunkel, denn es mit der Zeit hat sich eine Gewitterfront aufgebaut. Bei unserer Auffahrt öffnet der Himmel dann seine Schleusen, und es kommt kräftig von oben runter. Wir flüchten uns mit ein paar Metern Abstand voneinander jeweils unter einen Baum und verpacken uns und die Rucksäcke regendicht. So verharren wir auf dem Boden sitzend und warten, bis es besser wird. Glücklicherweise zieht das Unwettergebiet zügig weiter und außer etwas Nieselregen läßt es sich schon nach knapp 15 Minuten wieder freundlicher an.

Kurz, bevor wir aufbrechen wollen zur Weiterfahrt, fühle ich plötzlich einen stechenden, immer stärker werdenden Schmerz seitlich an meinem Bauch. Ich schaue direkt, was das sein könnte und sehe eine Biene, die mich gerade sticht! Aua! In wenigen Sekunden breitet sich der Schmerz aus, was ziemlich unangenehm ist. Zur Behandlung haben wir leider nichts Passendes in unserem Erste-Hilfe-Set, so dass mir nichts anderes übrig bleibt als die Zähne zusammen zu beißen und mich auf irgend etwas anderes zu konzentrieren, so dass ich den Schmerz nicht so sehr merke ... Mit diesem Handicap kurbeln wir langsam die komplett fahrbare Piste bis wenige Meter unterhalb des Monte Maggio hinauf. Der Uphill ist jedoch sehr mühsam und nach meiner Einschätzung genauso holprig und anstrengend wie die Alternativroute über den Weg 124, der nach dem Passo Coe direkt von der Straße abgeht und den ich noch aus dem Vorjahr kenne. Als wir oben angekommen sind, tröpfelt es immer noch leicht und dichter Nebel umgibt uns. Scheiße! Genau wie ein Jahr zuvor, denn da hatten wir auch keinerlei Aussicht vom Gipfel gehabt ... Irgendwie fühle ich mich ein wenig vom Wetter auf den Arm genommen, aber es läßt sich ja nicht ändern.

Der E5 runter zum Passo della Borcola ist erneut eine langatmige und stellenweise nervenaufreibende Wanderung, die lediglich von kurzen Fahrstücken unterbrochen wird. Aufgrund der Wegbeschaffenheit lassen sich nur wenige hundert Meter von uns im Sattel bewältigen. Da der Weg stellenweise sehr schmal ist und direkt am seitlichen Abgrund verläuft, macht es aus unserer Sicht auch nur wenig Sinn hier fahrend sein Glück zu probieren. Wozu unnötig was riskieren?!? Das Wetter bessert sich nur langsam, je mehr Höhenmeter wir im Abstieg hinter uns bringen. Bei schönem Wetter hätten wir bei dieser Passage sicherlich eine tolle Fernsicht gehabt, doch heute leider nicht ... Der oft zugewachsene Weg kostet mich zwischenzeitlich einiges an Nerven, denn die unzähligen Stauden, die den Weg säumen, erzeugen bei der Berührung mit der Haut einen unangenehmen Juckreiz. Und falls man ihnen aus dem Weg geht, dann hängen sie in den Speichen, am Schaltwerk etc. Weder zum Fahren noch zum Schieben ist der E5 sonderlich gut geeignet ... Bei der letzten, aufgrund der Regenfälle sehr rutschigen Passage im Wald schauen wir uns noch den alten, verrosteten LKW an, den ich auch schon im Vorjahr bewundert hatte, und wenig später holpern wir die noch knapp 100 hm bis zum Passo della Borcola runter. Ich bin mehr als froh, dass wir endlich unten sind. Ob ich noch ein drittes Mal den Monte Maggio per Bike in Angriff nehmen würde? Vermutlich nicht - außer bei Sonnenschein und blauem Himmel :-)

Die Paßstraße runter nach Posina wird dann zu einer großartigen Schußfahrt. Leider muß man bei dem steilen Gefälle vor jeder Serpentine kräftig bremsen, was ganz schön aufs Material geht. Für unsere Verhältnisse erstaunlich früh erreichen wir nach dieser berauschenden Abfahrt gegen 18.30 das verschlafene Posina. Zielstrebig steuern wir den Gasthof an, den ich noch von 2001 in guter Erinnerung habe. Wir werden erneut - auch ohne Reservierung - mit offenen Armen empfangen und nachdem wir die Bikes sicher in einem Nebenzimmer im Gasthof deponiert haben, werden wir in unser Apartment geführt, das sich wenige Straßen weiter befindet. Hier gefällt's mir wieder super! Das Abendessen ist dann auch wieder eine wahre Wucht: Uns wird ein Gang nach dem anderen aufgetischt. "Biker's paradise" sozusagen :-) Doch leider sind wir nicht mal ansatzweise in der Lage die Unmengen an leckerem Essen zu verputzen. Vermutlich müssen wir uns nach den vergangenen, öfter vom Hungern geprägten Etappen, erst wieder langsam an eine geregelte und reichhaltige Nahrungsaufnahme gewöhnen :-) Mit diesem reichhaltigen Menü klingt der Abend dann sehr gemütlich aus, und wir freuen uns schon auf die kommenden beiden Tage. Forza Pasubio!

Am Forte Belvedere   Alte Kanonen am Forte Belvedere   Forte Sommo Alto hat auch innen einiges zu bieten

Monte Maggio im Nebel Kurzer Fahrspaß auf dem E5 vom Monte Maggio


9. Tag: Posina - Colle Xomo - Pte. Verde - nähe Pso. Pian delle Fugazze - Strada degli Eroi - Rif. Generale Papa
Stats: 25,64 km - 7,13 km/h AVS - 3:36 h (09.15 - 14.30) - 53,0 km/h MAX - +1500/-200 hm
zu Fuß ohne Bike zusätzlich ca. 900 hm (Strada delle 52 Gallerie + Gipfelbereich Cima Palon bzw. Denti)

Das Frühstück am morgen ist nicht sonderlich prickelnd, da das gereichte Obst ziemlich matschig ist und die Marmelade bereits abgelaufen ist, aber darüber sehe ich bei der sonst sehr empfehlenswerten Unterkunft gerne hinweg. Im Vorjahr hat nämlich auch das Frühstück wunderbar gepaßt! Und zu einem fast unschlagbar günstigen Preis von 30 € pro Person für Übernachtung mit Halbpension geht das schon in Ordnung. Entgegen meiner Erinnerung gibt es in Posina doch einen kleinen Supermarkt, in dem ich dann noch die letzten Einkäufe tätige, bevor wir uns an die schweißtreibende Auffahrt zum Colle Xomo machen. Der mir bereits bekannte Brunnen, der kurz vor der Paßhöhe am Straßenrand steht, kommt keinen Meter zu früh für uns, denn uns ist ganz schön warm geworden bei der beständig steilen Auffahrt. Bei der kurzen Trinkpause genießen wir beide das herrliche Panorama oberhalb von Posina. Richtig ursprünglich und touristisch so gut wie unberührt erstreckt sich das Tal vor uns. Die wenigen verbleibenden Meter rauf zum Paß sind schnell erledigt, und oben ist dann erst mal Nahrungsaufnahme angesagt. Wir lassen uns unsere Bananen in der Sonne schmecken und freuen uns schon sehr auf den Pasubio und die Strada delle 52 Gallerie.

Schließlich rollen wir hinten runter zur Ponte Verdi, wobei wir uns an phantastischen Fernblicken in die Tiefebene erfreuen können. Super! Kurz vor dem Passo Pian delle Fugazze geht es dann seitlich ab auf die alte Strada degli Eroi. Ich merke schon auf den ersten Metern wie sehr mir der Hintern schmerzt. Das ist eine wahre Pracht ... Die uralten Kilometersteine am Wegesrand fördern nicht gerade meine Motivation, denn es sind noch 10,4 Kilometer bis zum Rif. Generale Papa. Und ich quäle mich jetzt schon ziemlich ... Bald erreiche ich ziemlich erschöpft einen netten Rastplatz, von dem aus ich die Aussicht auf den Lago di Speccheri genieße. Jede Ablenkung auf andere Dinge als auf meinen schmerzenden Hintern hilft mir ungemein ... Daniel ist wieder mal vorgefahren, und so strampelt jeder von uns sein eigenes Tempo und macht den Kampf mit der Piste und dem Berg mit sich selbst aus. Das paßt schon.

Immer öfter im Wiegetritt, der leider zunehmend auf die müden Knochen geht, und dann mal wieder schmerzhaft sitzend geht es über die wenig steile, aber geröllübersäte Piste langsam bergauf. Es zieht sich ... Das Motto der Adidas Bike Transalp Challenge wird mehr und mehr auch für mich zum ständigen Wegbegleiter: "Never give up" - bis zum Ende alles geben! Irgendwie schaffe ich es, mir vom Kopf her immer wieder einzureden, dass die Beine ihre Arbeit verrichten, auch wenn sie eigentlich ziemlich müde sind, und so komme ich Kurbelumdrehung um Kurbelumdrehung weiter den Berg hinauf. Auch wenn ich mich stellenweise kurz frage, ob es schiebend nicht kräftesparender und angenehmer für meinen Hintern wäre, verdränge ich ein ums andere Mal diese Gedanken und verzichte aufs Absteigen und Wandern. Nach hartem Kampf und zahlreichen kurzen Stopps zur Entlastung meiner Beine und meines Hinterns treffe ich vor der Galleria Generale D'Havet auch Daniel wieder, der irgendwie noch etwas frischer wirkt als ich und nun auch schon ein paar Minuten auf mich gewartet hat. Nachdem wir durch den Tunnel durch sind, sehen wir uns schlagartig mit einem anderen Wetter konfrontiert: Es herrschen nur noch Nebel und Wolken, und es wird sehr schnell kühler ... Wir passieren eine nette Tunnelpassage, die bei dem Wetter um so gespenstischer wirkt und kurz darauf noch einen weiteren Tunnel, der direkt am Abgrund in den Berg gesprengt wurde. Die Atmosphäre ist nur schwer in Worte zu fassen. Unverhofft bekomme ich plötzlich meine zweite Luft und vergesse fast gänzlich die Schmerzen beim Sitzen. Wir strampeln nun zusammen weiter, immer wissend, dass es ja eigentlich nicht mehr weit sein kann. Bei dem Wetter ist vom Rifugio natürlich nicht allzu viel zu sehen ... Doch plötzlich tut sich eine kleine Wolkenlücke auf, die nach und nach größer wird, und man kann die Umrisse der Hütte erkennen. Juhu! Nun noch mal zusätzlich angespornt legen wir die letzten paar Höhenmeter zurück und steigen schließlich erschöpft von unseren Bikes. Das wäre geschafft!

Wie geplant sind wir früh an der Hütte. Sehr schön. Wir machen auf Italienisch die Lagerübernachtung klar und nachdem wir unnötigen Ballast im Lager abgelegt haben, machen wir uns direkt auf um die Strada delle 52 Gallerie zu Fuß zu erkunden. Wir wandern also durch die ersten dunklen Tunnel und dann auf herrlich ausgesetztem Pfad am beinahe senkrechten Abgrund entlang. Jetzt bloß keinen Fehltritt ... Im weiteren Wegverlauf genießen wir immer wieder die wunderschöne Aussicht ins tief gelegene Tal und erforschen jeden der damals mühsam angelegten Felstunnel. Interessanterweise ist auch dieses Mal das Wetter sehr launisch, und die rasend schnell durchziehenden Wolken lassen nur schwer voraussagen, wie lange es noch trocken bleiben wird ... Aber noch ist es ja trocken und auch von den Temperaturen her recht angenehm.

Dieses Jahr geht es runter bis Tunnel 18, und mit Hilfe meiner Lampe gelingt sogar die im Vorjahr gescheiterte Durchquerung des dreistöckigen, steil abfallenden Spiraltunnels. Einfach nur faszinierend! Kurz nach dem Ausgang des Tunnels erwartet uns noch mal ein schöner Ausblick auf Posina sowie auf den unteren Einstieg zur Gallerie, die Bocchetta Campiglia. Wir entscheiden uns dann jedoch aufgrund der Tatsache, dass wir schon knapp 2 h ab dem Rifugio marschiert sind und dass es wettermäßig langsam aber sicher schlechter wird, für den Rückweg. Tunnel um Tunnel kraxeln wir also wieder den langen Weg zurück und erkämpfen uns Höhenmeter für Höhenmeter zurück. Auch wenn wir es beim Abstieg nicht so wahrgenommen haben, liegen doch knappe 550 hm hinter uns, die es nun wieder rauf gehen muß. Leider zieht nun, wie es sich ja eigentlich auch schon abgezeichnet hatte, eine einzige Nebelfront auf, die auch noch etwas Regen beinhaltet. Unsere Sichtweite reduziert sich auf wenige Meter, und ich beginne leicht zu frösteln, doch wir marschieren in zügigem Tempo weiter und nach knapp 90 Minuten Rückweg erreichen wir schließlich bei nach wie vor wenig angenehmem Wetter die Schutzhütte.

Nun folgt endlich das wohlverdiente Abendessen, was für meinen Geschmack zwar etwas zu klein ausfällt, aber das kenne ich schon vom Vorjahr. Zum Essen genehmigen wir uns einen ganzen Liter Vino Rosso, der Glas um Glas weg geht. Naja, letzter Hüttenabend eben :-) Während wir noch vor unseren Tellern sitzen, sehe ich durch die leicht beschlagene Fensterscheibe unverhofft draußen die Sonne scheinen! Das Wetter hat sich schlagartig geändert, der Himmel ist aufgerissen, und eine herrliche Abendstimmung macht sich breit. Schnell essen wir zu Ende, und ich trinke noch eilig den restlichen Rotwein, denn mich hält jetzt nichts mehr am Tisch: Ich will unbedingt raus und die Cima Palon sowie die beiden Denti bei der nun wunderschönen Abendstimmung besichtigen.

Schon wenige Meter nach der Hütte bietet sich uns ein schöner Blick über das vor uns liegende Wolkenmeer. Spitze! Wir marschieren beide den steilen Weg Richtung Cima Palon hinauf, wobei ich voraus eile, um noch etwas mehr Zeit zum Erkunden des Gipfelbereichs zu haben. Leider merke ich dabei nicht nur die schweren Beine bei jedem Schritt, sondern auch das schnelle Trinken des Rotweins macht sich bemerkbar, aber das stört mich nun auch nicht. Letzter Abend eben :-) Bis zum nächsten Morgen würde das schon wieder alles in Ordnung sein ... Im Gipfelbereich mache ich mich - wieder mit meiner Bike-Lampe gewappnet - gleich an die Erforschung der alten Stollen, die stellenweise noch begehbar sind. Vorsicht ist dennoch geboten, denn zum Teil ist die Decke einsturzgefährdet bzw. die Gänge sind mittendrin zerfallen und man muß wieder zurück. Die Verzweigungen in diesem Stollen-Labyrinth sind sicherlich nicht zu unterschätzen, so dass ich fast nur dem Hauptgang folge. An einem Felsenfenster, durch das noch ein wenig Licht von der Abendstimmung in den Gang gelangt, halte ich kurz inne und genieße die Aussicht auf die friedlich vor mir liegenden Bergketten. Schließlich gehe ich weiter über viel Geröll und Schutt und verlasse dann den Tunnel an der nächsten Ausstiegsmöglichkeit. Daniel ist inzwischen auch da, und wir schauen uns bei den letzten Sonnenstrahlen gemeinsam den Gipfel der Cima Palon an. Wie auch im Vorjahr ist die Stimmung recht bedrückend im ganzen Gipfelbereich, denn überall in der kargen Landschaft erinnern Mahnmale, rostige Metallreste, Kreuze, Stacheldraht und Blumenkränze an die traurige Vergangenheit des Ortes ... Wir halten einen Augenblick inne und lassen die Umgebung auf uns wirken, bevor wir noch rüber zur Dente Italiano marschieren, von wo aus wir einen eindrucksvollen Blick zur Dente Austriaco haben.

Hier entscheidet sich Daniel nun zum Rückmarsch zur Hütte, doch ich will noch nicht zurück und ziehe deshalb weiter über den vor mir liegenden "Eselsrücken" zur Österreichischen Platte. Dass die Dämmerung schon ziemlich fortgeschritten ist, beunruhigt mich nicht wirklich: Ich will einfach noch ein bißchen von der Stimmung am Pasubio "mitnehmen". So verweile ich etliche Minuten am Gedenkkreuz der Dente Austriaco und lasse den Blick in die Ferne schweifen, während die Nacht mehr und mehr hereinbricht. Ich schreibe noch schnell eine SMS in die Heimat und breche dann gegen 21.30 zurück zur Hütte auf. Plötzlich merke ich, dass es in der Zwischenzeit unangenehm kühl geworden ist. Ich beginne zu frieren, obwohl ich Trikot, Pulli und Regenjacke an habe, so dass ich meinen Schritt noch ein wenig beschleunige, damit mir nicht ganz so kalt ist ... Nun schon fast ganz von der Dunkelheit umgeben erfreue ich mich während des Rückwegs an der Aussicht über die Lichter, die tief unten im Tal leuchten, während am Himmel auch schon die ersten Sterne funkeln. Ich genieße es sehr, dass es so schön ruhig und friedlich ist hier oben, und in der Stille der Nacht erreiche ich gegen 22.05 endlich das Rif. Generale Papa.

Zu meinem Entsetzen muß ich jedoch feststellen, dass die Eingangstür bereits geschlossen ist! Oh je ... Ich rüttele an der Tür und klopfe mehrfach dagegen, doch ich warte vergebens: Nichts passiert. Schließlich gehe ich rechts herum zur Seite der Hütte und sehe vom Zaun aus, dass der Hüttenwirt noch dabei ist den Essensraum zu fegen. Ich rufe laut, bis er ans Fenster kommt, mache ihn in meinem besten Italienisch verständlich, dass die Tür bereits zu sei, aber ich doch gerne noch rein wolle ... Er antwortet, dass die Tür immer gegen 22.00 geschlossen würde und ich entschuldige mich für meine Verspätung. Kurz darauf läßt er mich dann vorne zur Eingangstür in die Hütte herein und nachdem ich die Frage bejahe, dass ich alleine unterwegs sei und sonst keiner mehr nach kommen würde, macht er die Türe wieder dicht. Noch einmal entschuldige ich mich und wünsche dann noch eine gute Nacht, bevor ich die knarzende Treppe zum Lager hinauf gehe. Das war knapp für mich! Nur wenige Minuten später und dann wäre er sicherlich auch schon im Bett gewesen. Und die Nacht draußen in der Kälte zu verbringen wäre sicherlich nicht angenehm zu worden bei den Temperaturen ... Ich putze mir noch schnell die Zähne und falle dann erschöpft auf meine Matraze im Lager. Erstaunlicherweise bin ich der letzte und fast alle anderen schlafen bereits :-)


Panorama oberhalb von Posina

Am Passo Colle Xomo   Blick zum Lago di Speccheri   Auffahrt über die Strada degli Eroi

Tunnnelpassage kurz vorm Rif. Generale Papa I Tunnnelpassage kurz vorm Rif. Generale Papa II
Luftige Passage auf der Strada delle 52 Gallerie

Tiefblick von der Strada delle 52 Gallerie   Teilstück der Strada delle 52 Gallerie   Ich vor einem der 52 Tunnel

Traumhaftes Panorama vorm Rif. Generale Papa Panorama beim Aufstieg zur Cima Palon
In einem alten Kriegsstollen an der Cima Palon ...

Cima Palon Der "Eselsrücken":  Dente Italiano und Dente Austriaco Dente Austriaco


10. Tag: Rif. Generale Papa - Arco Romano - Chiesetta Votiva - Sella del Roite - Weg 105/E5 - Rif. Lancia - Boccaldo - Rovereto - Mori - Riva
Stats: 51,94 km - 12,79 km/h AVS - 4:01 h (08.00 - 14.30) - 62,8 km/h MAX - +400/-2200 hm

Gardasee, wir kommen! Die letzte Etappe steht an und dass nach einer für mich horrormäßigen Nacht: Ich habe vielleicht zwei Stunden am Stück Schlaf gefunden und ansonsten dem einfach nicht mehr normalen Schnarchen eines Lagerkollegens gelauscht. Keine Ahnung, wie man ununterbrochen solche Geräusche von sich geben kann. Ein Wunder, dass er sich selbst nicht ständig aufgeweckt hat ... Gegen 06.45 langt es mir dann, und ich stehe nur sehr wenig erholt auf. Ein Blick aus dem Fenster hebt meine Stimmung dann jedoch schlagartig, denn draußen zeigen sich die ersten Sonnenstrahlen, und es verspricht ein herrlicher Tag zu werden. Nach einem sehr dürftigen und dafür um so teureren Frühstück geht's schließlich um 08.00 los. Schiebenderweise nähere ich mich langsam dem Arco Romano, während Daniel im leichten Berggang nur unmerklich schneller die Piste hinauf kurbelt. Nach kurzer Besichtigung der kleinen Gruft und dem alten Friedhof davor geht es an der Chiesetta, einer kleinen Bergkapelle, vorbei weiter zu den Sette Croci, einer Gedenkstätte zu Ehren von sieben Generälen aus dem Ersten Weltkrieg. Ich merke wieder mal, dass die neun Tage zuvor einfach nicht spurlos an mir vorüber gegangen sind: Mein Hintern schmerzt, dass ich fast nur noch im Stehen fahre oder sogar schiebe ... Wenige Meter weiter genießen wir noch einmal die sagenhafte Fernsicht, die ich selten so intensiv erlebt habe. Einige Minuten lang versuchen wir die Bergketten am Horizont namentlich zuzuordnen. Einfach klasse, wie weit man sehen kann! Bei solchem Kaiserwetter wirkt das ganze Pasubio-Gebiet vollkommen anders als am Abend noch - ein echter Kontrast zur nebelig- trüben Stimmung am vorangegangenen Nachmittag.

Im Vergleich zum Vorjahr, wo Ralph und ich nach den Sette Croci den Abzweig Richtung E5 verpaßt haben und dann mühsam durch das hügelige Gelände gewandert sind, bis wir wieder auf einen ordentlichen Weg gekommen sind, machen wir es dieses Mal besser: Eine kurze Schiebepassage bringt uns auf den Bergrücken nähe Sella del Roite, von wo wir erneut eine phantastische Aussicht haben. Wir sehen tatsächlich bereits den Ledrosee und können den Gardasee, der von den hohen Bergen eingeschlossen davor liegt, zumindest erahnen. Nach kurzer Rast machen wir uns an den Trail über den Weg 105 bzw. den E5 Richtung Rif. Lancia. Der herrliche Hangweg macht so richtig Laune, denn bei moderater Schwierigkeit holpern wir mit dem tollen Panorama vor bzw. neben uns über den recht schmalen Bergpfad immer weiter hinab. Wer sein Bike sicher beherrscht und sich nicht an der leichten Abschüssigkeit des Hangs zur linken Seite hin stört, wird sicher ebenso viel Spaß wie wir auf diesem Teilabschnitt haben. Schließlich erreichen wir nach einem noch etwas anspruchsvolleren Abschnitt das Rif. Lancia, an dem wir kurz verschnaufen und die Sonne genießen.

Der nun anstehende Schotter-Downhill zur Malga Keserle ist im Vergleich zum Vorjahr nicht weniger holprig geworden, aber ich fahre eh nur noch im Stehen ... Ab der Alm wird die Piste etwas erholsamer für die müden Knochen und so rollen wir, Daniel immer ein paar Meter voraus, weiter bergab Richtung Boccaldo. Kurz vor der Ortschaft bemerke ich, dass mein Vorderrad plötzlich unruhig läuft. Ich bremse ab und schaue, was das Problem ist, und stelle zu meinem Entsetzen fest, dass ich mir am vorderen Laufrad einen Felgenplatzer geholt habe! Die Felge ist seitlich aufgerissen und der Schlauch quillt bereits ein Stück weit durch diesen Riß durch. Das hat mir nun noch gefehlt!

Andererseits bin ich froh, dass das Rad die Tour bisher so gut überstanden hat, da ich es nur notgedrungenermaßen noch mal zum Alpencross verwendet habe. Mein neues Bike, dass ich seit Frühjahr 2002 hatte, war zu einem Garantiefall geworden, da bei meiner Spitzingsee-Runde Anfang Juli die eine Dichtung an der Federgabel oben aus dem Tauchrohr gerutscht war und vermutlich dadurch leichtes Spiel im Tauchrohr verursacht wurde. Damit war natürlich nicht an eine Transalp-Tour zu denken! Leider war mein Bike-Händler nicht in der Lage gewesen, mir eine gescheite Ersatzgabel zu stellen, und Rockshox brauchte etliche Wochen zur Reparatur, so dass ich noch mal aufs alte Bike zurückgreifen mußte ...

Tja, so bin ich also froh, so weit gekommen zu sein mit dem alten Bike - und doch stellt sich das ja Problem, dass es noch knapp 35 km bis zum Gardasee sind. Da meine Wheelie-Fähigkeiten dann doch nicht sooo toll sind, bleibt nur die Vorderbremse auszuhängen und alleine mit der Hinterbremse die Abfahrt zu bestreiten. Aber immerhin sind es insgesamt auch noch knappe 650 hm bergab ... Ein paar Kurven weiter treffe ich Daniel wieder, der am Straßenrand wartet, und ich erzähle ihm die schlechten Neuigkeiten bezüglich meines Bikes. Wir beschließen, dass er normal vorfährt und dann ab und zu wartet, und ich rolle so gut es geht langsam nach. Die Strecke kenne ich ja noch bestens von Transalp 2001. Besonders in den Kurven warte ich eigentlich immer nur darauf, dass es einen riesigen Schlag tut und mir der Schlauch vorne platzt, doch das Senken des Luftdrucks im Reifen scheint dem wohl vorzubeugen. Zwar gibt nun der Vorderreifen ständig bedenklich nach, aber ich kann fahren und komme langsam aber sicher runter bis Rovereto. Glücklicherweise macht meine Hinterfelge alles bestens mit, denn ich muß fast ununterbrochen auf der Bremse stehen, um nicht zu schnell zu werden. Maximal 25 km/h sind auf die Art und Weise drin, denn ich befürchte im Ernstfall, wenn vorne der Schlauch platzen sollte, vom Bike springen zu müssen oder mit den Schuhen bremsen zu müssen ...

In Rovereto legen Daniel und ich dann einen Zwischenstopp am Supermarkt ein, und in der Mittagshitze machen wir Rast in der Eisenbahn eines Kinderspielplatzes. Hat ja keiner gesehen :-) Weiter geht es über den Radweg nach Mori, und schließlich liegt nur noch der letzte Paß der Tour vor uns, der Passo San Giovanni. Hier gebe ich noch mal alles, denn danach geht es ja nur noch bergab. Etwas oberhalb von Torbole können wir dann endlich, nach zehn langen und harten Etappen über die Alpen, den Ausblick auf den Gardasee genießen. Glückseligkeit und Freude pur! Ich kann es noch gar nicht fassen und genieße von hier oben erst mal ausgiebig den Blick auf den in der Sonne schimmernden Lago. Nach all den Anstrengungen der Vortage sind wir nun also so gut wie am Ziel! Die letzten paar Meter durch Torbole sind schnell erledigt, und gegen 14.30 haben wir dann unsere Zieleinfahrt in Riva. Entlang des Uferweges geht es vom Hafen die Promenade entlang, bis wir einen geeigneten Platz für ein Finisher-Foto finden. Wahnsinn, wir sind da!

Ganz gemütlich geht es nun zusammen zum Hotel Orchidea, an dem Daniel seine Freundin treffen will. Beide verbringen noch ein paar Tage am Lago, bevor es dann noch weiter nach Süden gehen soll. Ich habe mich wieder in der Jugendherberge einquartiert, und so mache ich mich, nachdem Daniels Freundin angekommen ist und mir noch meine Plastiktüte mit ein paar frischen Sachen in die Hand gedrückt hat, auf den Weg. Am Abend treffen wir uns dann wieder zum gemeinsamen Tour-Abschluß. In der Pizzeria Centrale genießen wir eine große Pizza und einen leckeren Rotwein und lassen noch mal ein wenig die Tour Revue passieren. Es ist schon ein klasse Gefühl sich am Ende einer solchen Bike-Unternehmung noch mal die einzelnen Tage ins Gedächtnis zu rufen. Und erlebt haben wir ja wieder mal einiges unterwegs ...

Zu späterer Stunde brechen wir dann noch mal zu dritt auf, futtern noch ein Eis und schlendern ein paar Schritte zum Einstieg der alten Ponale-Straße, die leider immer noch nicht wieder begeh- bzw. befahrbar ist. Seit Mai, als ich zuletzt am Gardasee war, hat sich zwar ein bißchen was getan, so dass Daniel und ich davon ausgehen, dass man früher oder später auch wieder die komplette Abfahrt vom Tremalzo über diese alte Hangstraße runter bis Riva machen kann, aber momentan ist es immer noch eine einzige Baustelle. Mit einem herrlichen Blick auf Riva bei Nacht geht der Tag dann für mich zu Ende, denn ich verabschiede mich in Richtung Jugendherberge. An diesem Abend habe ich im Gegensatz zum Vorabend keinerlei Probleme einzuschlafen :-)

Nach dem Frühstück und ein paar Einkäufen in Riva mache ich mich auf zum Strand und schwimme ein paar Runden im See. Herrlich, mal was anderes als Biken :-) Als es mir dann genug wird und nach und nach auch die ganzen Urlauber an den Strand pilgern, ziehe ich mich in den Schatten der Bäume zurück, lese ein bißchen Zeitung und döse vor mich hin. Gegen Mittag bin ich dann vor Ort bei der Zieleinfahrt der Transalp Challenge und erlebe sogar live die Zieleinfahrt von Robert, mit dem ich mich vor der Tour bereits zur Finisher-Party verabredet habe. Wir treffen dann noch zufällig Daniel, der auch die Zieleinfahrt angeschaut hat, und so setzen wir uns erst mal alle genüßlich in die Sonne und Robert erzählt von der TC, während wir von unserem Alpencross berichten. Am Nachmittag macht dann jeder noch was für sich, bis wir uns am Abend auf der offiziellen TC-Finisher-Party wieder treffen. Die Stimmung ist klasse, und auch wenn ich nicht mitgefahren bin, so kann ich die Strapazen der Jungs und Mädels um mich herum bestens nachvollziehen: Schließlich war unser Alpencross ja auch nicht gerade von der leichtesten Sorte ... Beim Abschlußfilm, der noch einmal die besten Szenen von einer Woche TC zeigt, erreicht die Stimmung dann ihren Höhepunkt, und mit stehenden Ovationen werden die Helden der TC gefeiert. Bei der Siegerehrung treffen Daniel und ich dann auch noch Matthias mit seinem Kumpel. Wenige Tage vor der Tour hatte er mir noch gemailt, dass er kurzfristig bei der TC teilnehmen würde und dass wir uns ja gegebenenfalls in Riva treffen könnten. Und tatsächlich hat es geklappt! So verbringen wir den restlichen Abend noch sehr unterhaltsam mit den beiden Jungs und tauschen allerlei Streckeninfos, Tour-Eindrücke und Anekdoten aus, bis ich dann irgendwann zu später Stunde den Heimweg zur Jugendherberge antrete.

Am nächsten Tag mache ich mir ein paar ruhige Stunden an der Uferpromenade von Riva und genieße meine Freizeit. Einfach mal ein bißchen faul sein :-) Zum Abendessen treffe ich mich dann noch mal mit Daniel und seiner Freundin, und mit einem leckeren Abendessen geht dieser durchweg erholsame Tag zu Ende.

Zu sehr früher Stunde breche ich in der Jugendherberge ohne Frühstück auf, denn ich möchte den Zug um 08.31 ab Rovereto nehmen. Und dazu muß ich noch einmal aufs Rad steigen ... Riva und Umgebung schlafen noch tief und fest, als ich schließlich in Torbole am Strand einen Fotostopp einlege. Wenig später mache ich nach der Ortsdurchfahrt durch Torbole noch am Panoramico-Aussichtspunkt Halt, um noch mal einen wunderschönen morgendlichen Blick auf den Gardasee zu erleben, und dann strampele ich ohne weitere Pause über die steile Straße den aus den Vorjahren bekannten Anstieg zum Passo San Giovanni hinauf. Über den Radweg gelange ich dann gegen 08.15 nach Rovereto, hole mir die Zugtickets und sitze noch die verbleibenden paar Minuten faul auf dem Bahnsteig, bis mein Zug einrollt. Knappe drei Stunden später bin ich dann auch schon am Brenner, von wo ich mich noch mal aufs Rad schwinge, um bis zu meinem Auto zu strampeln. Felge hin, schmerzender Hintern her: Die Sonne scheint, also denke ich keine Minute daran, auf den Zug zu warten und damit weiter in Richtung des Startpunkts der Tour zu fahren. Bisher hat der Schlauch ja gut gehalten und die Felge scheint auch nicht weiter aufgerissen zu sein, also wage ich die Abfahrt ... Tatsächlich erreiche ich mein Auto - jedoch schiebenderweise! Wenige Meter vor dem Parkplatz verabschiedet sich die Vorderfelge komplett, und der Mantel schleift nun sogar an der ausgehängten Bremse. Also gut, ich gebe mich geschlagen und sehe ein, dass nun wirklich nur noch Schieben Sinn macht, und nach wenigen Minuten Fußmarsch bin ich dann auch schon an meinem Auto. Die Ausrüstung ist schnell verstaut, und mit "Guter-Laune-Musik" und offenem Fenster geht es dann ab nach Hause.

Bis zur nächsten Tour im Jahr 2003!


Kurz vorm Arco Romanum Sette Croci

Tolle Fernsicht kurz hinter den Sette Croci

Aussicht beim Sella del Roite   Toller Trail Richtung Rif. Lancia   Das Ende meiner Vorderfelge 35 km vorm Ziel ...

In Rovereto: Die Zeit der Entbehrungen ist vorbei :-)   Der Gardasee ist nach 10 harten Tagen Alpencross endlich vor Augen   Überglückliche Transalp-Finisher am Ufer des Gardasees

Pizza und Rotwein nach erfolgreicher Tour in der Pizzeria Centrale Riva bei Nacht
Östliche Uferpromenade von Riva

Abschied vom Lago ganz früh morgens Ein letzter Blick zurück vom Aussichtspunkt oberhalb von Torbole ...


Bilanz: etwa 570 km in 10 Tagen (17.07. - 26.07.2002), dabei ca. +16500 hm/-16800 hm absolviert
Stats: pro Tag durchschnittlich etwa 57,00 km - 5:31 h - +1650/-1680 hm
Insgesamt gesehen war diese Transalp-Tour erneut echt klasse gewesen. Da war alles dabei, was zu so einer Bikeunternehmung dazu gehört: Tolle, kontrastreiche Berglandschaften, knackige Uphills, rasante Downhills, zahlreiche knifflige Trails, wenig Asphalt und vor allem fast durchgehend richtig gutes Wetter. Hauptmanko war jedoch, dass die Etappen dieses Mal zum Teil einfach zu lang ausgefallen sind, so dass die Erholungsphasen am Abend recht kurz waren. Richtig Zeit zum Erholen gab es erst am Gardasee selbst bzw. auf den letzten 3 Etappen, was etwas schade war. Ein ruhiger Tag mit früher Ankunft am Etappenziel ist meines Erachtens schon obligatorisch bei so einer langen Tour. Mein Hintern sah das die letzten beiden Etappen genauso :-) Außerdem gab es für meinen Geschmack zu wenig Möglichkeiten sich unterwegs mal eine Kleinigkeit im Supermarkt zu Essen zu kaufen, wodurch wir an zwei Tagen mit sehr wenig bzw. keinerlei Verpflegung die Etappe bestritten. Sehr hart und nicht zur Nachahmung zu empfehlen ... In den Vorjahren war das nie so problematisch, aber ggf. lag das dieses Jahr einfach an der Route, die zum Teil durch sehr dünn besiedelte Gebiete Italiens verlief. Landschaftlich waren mit dem Pfunderer Joch, dem Limojoch (Nationalpark Fanes), der Forcella Ambrizzola und dem Pasubio am Ende superschöne Pässe dabei. Auch wenn ich schon gut die Hälfte der Etappen aus dem Vorjahr kannte, so war es trotzdem super, dieselben Pässe und Wege erneut zu "erradeln". Das hatte besonders am Pfunderer Joch und am Limojoch seine Vorteile, da ich wußte, was mich erwartete ... Die Wanderung vom Passo Cinque Croci über die Forcella Magna würde ich keinem weiterempfehlen, auch wenn es landschaftlich recht schön war. Insgesamt war der Abstecher einfach zu zeitintensiv und mit zu wenig Fahrmöglichkeiten bzw. -spaß verbunden. Vom "Kamikaze-Weg" 394 nach Grigno ganz zu schweigen, denn der ist auch schon ohne Bike am Steinbruch im unteren Teil ziemlich kriminell ... Da ist die Schotterpiste vom Passo Cinque Croci sicherlich sinnvoller. Der Abstecher über den Monte Ortigara war ein kleines Experiment gewesen, was ich aber jederzeit wieder machen würde. Zwar waren doch etliche Meter zum Schieben dabei, aber der Tiefblick ins Val Sugana war sensationell. Außerdem fand ich es historisch betrachtet äußerst interessant über diese Hochebene zu wandern/fahren. Bis auf einen Platten am 6. Tag und meine seitlich aufgerissene Vorderfelge auf der langen Abfahrt am Ende vom Pasubio hatten wir keinerlei Defekte an den Bikes, was eine positive Überraschung darstellte. Durch die Länge und Härte der Tour war das Erlebnis, am Ende den ersten Blick auf den Gardasee zu genießen, intensiver als je zuvor. Mir läuft immer noch eine Gänsehaut den Rücken runter, wenn ich daran denke, wie ich oberhalb von Torbole stand und einfach nur glücklich auf den Lago blickte. Einzigartig! Als Fazit bleibt eine unvergeßliche Tour, die zahlreiche Highlights zu bieten hatte und die ich, in etwas "entschärfter" bzw. gekürzter Form (durch Auslassen einiger Passagen), jederzeit wieder in Angriff nehmen würde.